Um eines der Probleme (Versorgung mit qualitativ hochwertigen Lebensmitteln) in Angriff zu nehmen, bin ich heute "in die Stadt" geradelt - in Anführungszeichen deshalb, weil das Kaff etwas über 10.000 Einwohner hat. Dort habe ich dann auf dem Wochenmarkt den Honigstand gesucht und gefunden, also immerhin schon mal was. Ich versuchte an der Dame vor mir vorbei einen Blick auf die Angebote auf dem Klapptisch zu erhaschen und als sich die Dame mit ihrem "Hackenporsche" (O-Ton besagter Dame), dann rumdrehte, erkannte ich eine entfernte Verwandte. Das Verhältnis ist etwas schwierig, aber wie gehen recht nett miteinander um und so sagte ich hallo und fragte sie, wie es ihr ging. "Nüja, es schleicht so." Aha. Sie gab mir in unserem vielleicht vierminütigen Gespräch zu verstehen, dass alles gerade beschissen sei, aber was will man machen? Ich bohrte nicht weiter nach, obwohl es mich interessierte und ich auch wirklich Anteil nahm, aber ihr standen schon die Tränen fast in den Augen und ich fand es unpassend, sie mitten auf dem Kleinstadt-Marktplatz zum Heulen zu bringen. Auf ihre Frage, wie es bei mir stünde, antwortete ich mit einem breiten Lächeln und so etwas wie "Naja, eigentlich alles soweit in Ordnung." Irgendwas hält einen davon ab, Leuten, denen es schlecht geht, zu sagen, dass es einem ausgzeichnet geht. Mitgefühl oder so. Trotz meines strahlenden Gesichts legte sie fest, dass es auch bei mir nur so
schleicht im Moment, das ist wohl ein dehnbarer Begriff. Es
schleicht tatsächlich gerade, geschwindigkeitsmäßig zumindest, und ich hatte vielleicht auch schon mal irgendwann in einer goldenen Zeit weniger Sorgen - aber eigentlich geht es mir blendend. Vielleicht bin ich dem Leben ein Stück weit auf die
Schliche gekommen, so dass sich meine Probleme
davongeschlichen haben, klammheimlich?
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Sie kaufte noch ein paar ungarische Spezialitäten, zumindest ging sie zu dem Fleischerwagen, auf dem dies stand, ich holte mir vom Bauernhofstand ein paar Äpfel und schlich mich zurück zu meinem Fahrrad. Als ich es gerade abschloss hörte ich ein Gespräch zwischen einer Frau älteren Jahrgangs und einer im mittleren Alter.
Die Jüngere: "Ach, hallo, sieht man Sie auch mal wieder!? Wie geht's?"
Die Ältere antwortet irgendwas.
Die Jüngere: "Aha, also auch nicht so gut."
Da habe ich dann kapiert, dass es wohl in dieser piefigen Kleinstadt zum guten Ton gehört, dass es einem schlecht geht. Man findet sicher was zu klagen. Und wenn man höflich ist und freundlich, bestätigt man sich gegenseitig, wie furchtbar alles ist.