Montag, 28. Mai 2012

Zigeunermusik

Leider habe ich wieder viel zu wenig Gypsy-Bands gehört dieses Mal in Cluj, aber dafür einiges an anderer großartiger Musik, die ich sonst nie gehört hätte. Angefangen hat ja alles mit Modeselektor, dann kam God is an Astronaut, dann Sfântu Gheorghe mit ganz vielen verschiedenen musikalischen Eindrücken, dann das Clujotronic-Festival, vor drei Tagen tatsächlich eine Gypsy-Band und gestern Rupa & The April Fishes. Vielleicht habe ich auch einiges vergessen, es gab ja auch noch den ein oder anderen Abend, wo ich einfach tanzen war, ohne nur wegen der Musik hinzugehen. Ich hatte mir am Anfang vorgenommen, so viel wie möglich auszuprobieren und neues kennenzulernen und bin damit ganz zufrieden. Nun aber zu zwei Abenden mit Zigeunermusik...

Der erste war Freitagabend im Rahmen des Stadtfestes hier in Cluj. Das Stadtfest an sich war nicht besonders gut. Die Musik auf den großen Bühnen war ziemlich schlecht. Wir gingen schließlich zur Gasse mit den Essständen, da wir hungrig waren. Und dort kam, nachdem wir uns eine Placinta cu Brânza si Smântana geholt hatten, tatsächlich eine Brassband um die Ecke und postierte sich direkt vor unserer Nase. Feinste Balkanmusik, live und in Farbe. Hier also die Zigeunerbrassband, die schnappstrinkenderweise an den Essständen beim Stadtfest vorbeizog - ich lasse Bilder und Töne sprechen...



Gestern abend dann ein Konzert im Diesel Club. Der Club ist mir eigentlich viel zu schick, aber ein Freund wollte hin und ich war ohnehin in der Nähe und so zahlte ich den horrenden Eintrittspreis von fast zehn Euro und gesellte mich zu ihm und seinen Besucherinnen, die gerade für ein paar Tage in Cluj weilten. Rupa & The April Fishes spielten. Es war einzigartig. Die Frau hat so unheimlich viel Energie und Temperament und Witz. Etwas schade, dass man schick an kleinen Tischchen gruppiert saß, die Musik war sehr tanzbar, aber das Konzert war sehr lang und ich war ohnehin ein bisschen müde, von daher war es in Ordnung.
Zu einigen Liedern gab sie wunderbare Erklärungen. In L'éléphant geht es darum, dass die Gedanken ein Dschungel sind und die Wahrheit ein Elefant, der sich seinen Weg durch bahnt. Bei Metamorphosis, noch unveröffentlicht, singt sie am Ende (sinngemäß): Wenn ich wiederkomme, hoffe ich, du hast dich verändert, denn ich werde mich verändert haben. Mal de Mer handelt von Seekrankheit, die sich einstellt, wenn man gewohnte Gefilde verlässt. Das sei bei ihr auch der Fall, wenn sie sich verliebt. Und Guns of Brixton, wunderbar... Die Frau brennt für das, was sie tut. Um eine kleine Vorstellung zu bekommen, dieses Lied war die Zugabe:


 

 "Je sais, que la vie serait plus simple si ca c'etait la fin 
- mais l'histoire ne s'arrette pas ici."
(L'éléphant)

Sonntag, 27. Mai 2012

In Budapest bis Sonnenaufgang

Nach der Belgrad-Tour habe ich mich nach nur wenigen Stunden Schlaf aus dem Bett gequält und bin nach Budapest aufgebrochen. Mir wurde das letzte Taxi vor der Nase weggeschnappt und daher lief ich los. Ich merkte schnell, dass ich es nicht schaffen würde und hielt mir ein Taxi an. Dreizehn Minuten vor Abfahrt des Zuges war ich am Bahnhof, vier Minuten davor hatte ich das Ticket in der Hand und zwei Minuten vor Abfahrt saß ich dann auch tatsächlich verschwitzt und übermüdet im Zug. Dieser brauchte ewig, aber an Schlafen war nicht so recht zu denken und so sichtete ich ein wenig Belgrad-Bilder und schrieb den Blogeintrag.
Die Zugfahrt zieht sich, umso mehr, wenn man allein ist. Gegen Abend kam ich schließlich an, ein bisschen müde, aber auch ganz zufrieden, da zu sein. Es war herrliches Wetter und da mein Couchsurfer mir mitgeteilt hatte, ich solle bitte erst eine Stunde später kommen, setzte ich mich in den Park und versuchte ein erstes Exposé für die Masterarbeit zu schreiben. Herumlaufen war mit dem Gepäck etwas unbequem. Ich war dann pünktlich bei meinem Gastgeber, ein sehr netter Tscheche, der in Budapest für die Lufthansa arbeitet. Er war am Vortag bei einer Party gewesen und auch ein bisschen fertig. Da ergänzten wir uns ganz gut. Wir liefen noch einmal um den Block und ich kaufte mir ein Eis. Die Gegend, wo er wohnte, war traumhaft, sehr schicke Altbauten und einige Grünanlagen sowie sehr ruhige Straßen und Fußgängerzonen. Wir arbeiteten schließlich beide noch ein bisschen am Computer, ehe wir ziemlich früh schlafen gingen. Seine Wohnung teilte er sich mit zwei Mitbewohnern, die ich aber nicht zu Gesicht bekam, wobei nur Toilette und Küche geteilt werden mussten und jeder ein eigenes kleines Bad hatte. Das Zimmer war relativ groß und ich bekam die schon ausgeklappte und vorbereitete Couch.
Ich schlief gut, vielleicht weil ich so übermüdet war, aber sicher auch, weil es so bequem war.Am nächsten Morgen verließen wir schon kurz nach acht das Haus. Ich hatte über eine Stunde Zeit, bis das Archiv öffnen würde und setzte mich daher mit Kaffee und Muffin auf den Freisitz einer Kaffee- kettenfiliale direkt vor der St.-Stephans-Basilika. Ich schrieb Postkarten, surfte im Internet und ging schließlich mit Umweg über die Post los. Dort funktionierte wieder alles wunderbar. Die Archivboxen, die ich per Mail bestellt hatte, standen für mich bereit und ich konnte mich durch die Dokumente wühlen. Leider fand ich nicht ganz das, wonach ich gesucht hatte. Dafür muss ich wohl noch andere Archive konsultieren.



Am Abend ging ich mit meinem Couchsurfer ein wenig durch die Stadt spazieren und schließlich zu einem fanstastischen Thailänder essen. Ich glaube, so gutes Essen hatte ich tatsächlich in den ganzen letzten Monaten nicht. Wir gingen wieder zu ihm, er übernachtete allerdings bei seiner Freundin und obwohl ich den Schlüssel hatte und somit auch noch mal hätte allein rausgehen können, entschied ich mich, drin zu bleiben. Ich machte den Serbien-Blog fertig und tippte ein paar Mails.
Auch am zweiten Tag war ich wieder kurz nach zehn im Archiv, hielt allerdings nicht so lange durch, weil der Inhalt der Boxen leider sehr eintönig war und eben nicht so gut zu meinem Thema passte. Ich ging am Nachmittag noch ein bisschen durch die Stadt spazieren und suchte mir etwas zu essen, ehe ich langsam zum Bahnhof aufbrach. Tags zuvor hatte ich nach dem Zug geschaut und auf bahn.de die Angabe gefunden, er würde 17.40 fahren. Als ich ca. 17.10 am Bahnhof war, war allerdings kein Zug nach Cluj angezeigt. Ich hätte ohnehin noch eine Sitzplatzreservierung gebraucht und so stellte ich mich am internationalen Schalter an. Dort wollte ich mich auch mit meinem Couchsurfer treffen, dem ich seinen Schlüssel zurückgeben musste. Wie sich nach einer halben Stunde Warten herausstellen sollte, fuhr der Zug bereits eine Stunde eher ab, also 16.40 und der nächste direkte Zug den ich mit meinem bereits in Rumänien erworbenen Rückfahrtticket nehmen konnte, würde kurz vor sechs Uhr morgens fahren. Ich war richtig richtig sauer, da ich ja unbedingt nach Cluj wollte. Ich hatte nämlich eigentlich vor, zu meinem Rumänisch-Sprachkurs zu gehen. Mein netter Couchsurfer brachte mich noch zum Busbahnhof, dort gab es aber auch keine Busse nach Cluj und so entschied mich spontan, die Nacht durchzumachen und den Zug morgens zu nehmen. Ich hatte ja noch nicht viel von der Stadt gesehen und morgens früh aufzustehen kam mir auch nicht so reizvoll vor, deswegen fand ich die Idee nicht schlecht. Mein Gastgeber hätte mich noch eine weitere Nacht beherbergt und war auch etwas besorgt, als er von meinem Plan erfuhr, aber ich meinte, ich käme schon klar.
Ich zog mir ein frisches T-Shirt an, deponierte meinen Kram im Bahnhofsschließfach und ging zu einem Couchsurfingtreffen. Davon gibt es glücklicherweise in Budapest fast jeden Tag welche. Es war in einem netten Restaurant und ich trank das erste Bier des Abends. Ich unterhielt mich mit Menschen aus vier verschiedenen Ländern, dann wollte ich mit einem Inder noch ein wenig weiterziehen. Als wir gerade das Lokal verließen, trafen wir noch einen anderen Couchsurfer, der bei dem Treffen gewesen war und er lud uns ein, noch mit in einen Jazzclub zu kommen, er würde mit dem Auto hinfahren. Wir gingen in einen kleinen, fast leeren Kellerclub in der Nähe der Basilika, wo ein paar junge Musiker jammten, was das Zeug hielt. Der andere Couchsurfer spendierte dem Gitaristen ein Bier nach dem anderen und ich beschloss irgendwann, dass ich wohl dem Drummer eins kaufen musste. Die Menschen am Schlagzeug werden ja oft viel zu wenig beachtet, weil sie so im Hintergrund sitzen, aber was wäre die Musik ohne den Beat?



Wir brachen auch von dort irgendwann auf und ich ging noch mit dem Inder in Richtung der Ruinenpubs. Eigentlich wollte ich mit ihm in den, den mir mein Couchsurfer tags zuvor gezeigt hat, aber ich fand ihn nicht mehr und so endeten wir im Szimpla. Das war auch nicht schlimm. Wir saßen erst ein wenig rum, dann beschlossen wir zu tanzen und ließen unsere Sachen einfach da. Nach einer Weile kam der Inder und meinte, unsere Sachen wären weg. Ich dachte erst, er scherzt, aber tatsächlich war alles weg. Neben meinem Blazer, den ich wohl brauchen würde, weil es so warm nicht war und regnete, war in meiner Handtasche neben Ausweis - wichtig zur Grenzüberquerung - und Geld auch der Schlüssel zum Bahnhofsschließfach. Ich wurde sicher kurz ziemlich blass und war sehr froh, als sich die Sachen hinter der Bar wiederfanden.
Fischpediküre? Was zum... ?
Ich tanzte noch eine ganze Weile oder hüpfte auch mal wild herum. Irgendwann wurde zum Beispiel Mr. Brightside von den Killers gespielt, das hatte ich ewig nicht mehr in einer Disko gehört. Ich unterhielt mich später noch mit einem Ungarn, der bei IBM arbeitete, mir erzählte, er müsse am nächsten Morgen raus und in seiner Tasche seien Sachen im Wert von mehreren tausend Euro. Ich glaubte dem Herren mit der Schiebermütze das ganze natürlich nicht so, aber irgendwann holte er seinen Mitarbeiterausweis raus, um es zu beweisen. Ich denke, es war ungefähr vier Uhr als sie das Szimpla schlossen. Ich verabschiedete mich von dem Ungarn und beschloss nochmal zur Donau zu laufen, auch wenn sie in der entgegensetzten Richtung zum Bahnhof lag. Ich traf unterwegs noch ein paar Jungs, die auch getanzt hatten auf einem Spielplatz und forderte sie auf, mitzukommen, lief dann aber doch alleine los, als es mir zu lange dauerte.





Irgendwann, nachdem mir beim Laufen schon fast die Augen zugefallen waren, saß ich dann im Zug. Ich nickte immer wieder ein und dann kam auch noch der Schaffner auf mich zu und redete irgendwas auf Ungarisch. Ich murmelte, ich spräche nur Rumänisch und dann meinte er: "Do you speak English? There are two free departments over there." Ich nahm meine Sachen, machte die Abteiltür hinter mir zu und haute mich hin. Ich war viel zu fertig, um dem Mann angemessen zu danken und möchte das daher hier nachholen. Danke, du hast meinen Tag um einiges leichter gemacht. Denn so konnte ich wenigstens ein paar Stunden schlafen, ehe ich morgens mit verquollenen roten Augen - ich trug immer noch meine Kontaktlinsen - und zerwuschelten Haaren den Grenzbeamten anlächelte. Aus dem Rumänisch-Kurs wurde nichts und überhaupt war der Tag ein wenig hinüber, aber das war die Nacht wert gewesen. Szimpla, ich mag es einfach. 

Montag, 21. Mai 2012

Balkan-Roadtrip Deluxe


Zusammen mit zwei anderen deutschen Studenten und einem polnischen Studenten habe ich ein Auto gemietet, um eine Tour nach Belgrad zu unternehmen, mit Zwischenstopp in Temeschwar / Timiosara auf der Hinfahrt und Eisernem Tor auf der Rückfahrt. Vollkommen unerwartet kam dann auch noch eine abenteuerliche Fahrt durch das Jiu-Tal hinzu, was als i-Tüpfelchen einer ohnehin wunderbaren Reise gesehen werden kann. Meine Reisegefährten waren durchweg männlich und studierten „was mit Wirtschaft“. Wenn ich jetzt schreibe, wir kamen dennoch großartig miteinander aus, sagt das etwas über meine Vorurteile. Wie dem auch sei, wir kamen – dennoch oder nicht – super miteinander klar.

Wir starteten früh um neun am Wohnheim, um das Auto abzuholen. Es gibt nur eine Autovermietung in Cluj, die es erlaubt, das Auto im Ausland zu nutzen und an diese hatten wir uns am Abend vorher um 21 Uhr bereits etwas verzweifelt gewandt, als wir auf Nachfrage erfuhren, dass das eigentlich schon reservierte Auto eben in Serbien nicht versichert wäre. Es gab glücklicherweise noch Autos und wir erhielten sogar ein kostenloses Upgrade auf einen Opel Astra Kombi. Nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass wir vier Leute mit Gepäck und Schlafsäcken waren. Das Auto stellte sich dann auch auf der ganzen Fahrt als tatsächlich sehr komfortabel heraus. Nachdem wir beim Aufbruch feststellen mussten, dass unser polnischer Teilnehmer noch schlief, holten wir zunächst das Auto und dann etwas später ihn vom Wohnheim ab – die Abfahrt verzögerte sich also. Wir fuhren Richtung Timisoara los und gurkten wie überall in Rumänien über die Dörfer, kamen aber eigentlich recht gut klar. Wir aßen in Salonta, einer Stadt auf dem Weg, etwas zu Mittag und ich wunderte mich schon, dass es Kofola und scheinbar tschechisches (aber wahrscheinlich dann doch eher slowakisches) Bier zu trinken gab. Beim Rückweg zum Auto stellten wir fest, dass es auch ein slowakisches Konsulat gab. Wahrscheinlich gibt es also in Salonta eine slowakische Minderheit. Wikipedia meint, in Salonta leben 62 Slowaken. Das ist vermutlich nicht die bedeutendste Ansammlung von Slowaken außerhalb Bratislavas, aber vielleicht die bedeutendste Ansammlung in Rumänien - na gut, das wohl auch nur, wenn man davon ausgeht, dass die restlichen 17164 Slowaken eher verstreut leben (Daten vom Zensus 2002). Kurz gesagt, ich habe keine Ahnung, warum es dort Kofola und ein Konsulat gibt.
Wir fuhren auch noch durch Arad und dass wir mitten durch die Stadt mussten war zwar etwas anstrengend, aber das Zentrum war wirklich sehr schön. Angehalten haben wir nicht, wir wollten ja nach Timisoara. Dort ließen wir uns vom Navi in die Stadt leiten und fanden auch prompt das Hostel, wo wir eine Nacht im Schlafsaal übernachteten. Nettes Hostel, freundlicher Typ, eine Wii-Konsole zur freien Verfügung der Gäste (was die Jungs auch kräftig nutzten) und eine gut ausgestattete Küche, aber leider nur ein nicht besonders sauberes Bad für die zwei Schlafsääle (6 und 8 Betten). Es war nicht so viel los, neben uns waren nur ein paar andere Gäste da, von daher gab es damit keine Probleme, aber wenn das Hostel voll ist, ist es sicher problematisch.


Timisoara – Povestea merge mai departe.

Die Geschichte geht weiter.


In Timisoara machten wir zunächst einen Stadtspaziergang auf der Suche nach etwas zu essen und erkundeten ein wenig das Zentrum. Wir fanden den empfohlenen Döner-Imbiss und gingen schließlich noch zum Fabirkviertel und im Restaurant der Bierfabrik etwas trinken. Unterwegs kamen wir an der sehr schönen Synagoge vorbei. Die Bierfabrik an sich ist die älteste Rumäniens und hier wird Timisoarana gebraucht. Die Marke gehört allerdings ebenfalls zur Ursus (dem ursprünglich Clujer Bier, dass nun aber bei Bukarest hergestellt wird und nur noch in geringen Mengen für die Brauereigaststätten in Cluj) gehört, was wiederum zu SAB Miller gehört, denen wiederum auch Pilsner Urquell gehört.



Wir brachen bereits nach einem Bier wieder auf und wurden fast von einem herabfallenden Stück Fassade erschlagen, dass zwanzig Meter vor uns niederging. Das und der Fakt, dass nicht wir sondern der Rumäne, der im gleichen Tempo auf der Autobahn die ganze Zeit viel zu schnell knapp vor uns fuhr, allerdings durchweg auf der linken Spur, von der Polizei herausgezogen worden war, überzeugte uns davon, dass wir ziemliches Glück hatten mit unserer Reise. Wir gingen noch in eine Bar, wo sich scheinbar die Kunstszene und / oder alternative Menschen trafen und auf dem Heimweg in einer ganz normale Bar, die auf dem Weg lag. In ersterer genehmigte ich mir eine Flasche Augustiner Edelstoff. Ein Eichhofener Helles werde ich wohl nirgends auftreiben können, aber so ein Augustiner hat schon das Regensburg-Heimweh ein wenig befriedigt. Der Fakt, dass es aus München ist, stört dabei ausnahmsweise nicht, denn es schmeckt einfach. Zwei von uns gingen noch in eine Rockkneipe, ich ging jedoch zurück ins Hostel und dort schon mal ins Bad und dann ins Bett, während im Gemeinschaftsraum des Hostels noch Wii gezockt wurde. Obwohl ich nach nicht allzu viel Schlaf früh aufgestanden war, schlief ich nicht besonders gut. Dann hatte ich mich auch noch bereit erklärt, als erste ins Bad zu gehen, ich schlief also insgesamt recht wenig. Wir starteten zu dritt zu einer kleinen Stadttour, während unser Fahrer ausschlief, kauften Kaffee und ich kaufte mir in der Bäckerei etwas zum Frühstück, dann liefen wir noch durch die Stadt, die auch bei Licht betrachtet nicht besonders schön war. Cluj gefiel uns allen jedenfalls besser. Und Cluj hat eine sehr schöne Uni, also auch einfach schön vom Gebäude, Timisoara hat als Uni eine Menge Plattenbauten. Die große Kirche war ganz schön, aber alles in allem hinterließ die Stadt keinen guten Eindruck. Das lag aber zum Teil sicher auch am trüben Wetter. Dennoch, die Gebäude waren heruntergekommener, die kleine Grünanlage auf dem Hauptplatz ungepflegt. Wir brachen, nachdem wir uns noch etwas zu essen organisiert hatten, nach Belgrad auf. Mit klopfendem Herzen, wegen der Grenzüberquerung mit einem fremden Auto und ganz gespannt, wie es sein würde.


Serbien mit dem Auto


Ich hatte schon ein paar Kilometer hinter Timisoara das Steuer übernommen, ich sollte nach Möglichkeit über die Grenze fahren, da der Vertrag für das Auto auf mich lief und die Grenzer vielleicht danach fragen würden. Das war dann aber im Endeffekt egal. Dennoch, obwohl ich ein bisschen Respekt hatte, genoss ich es auch mal, ein großes Auto mit einigen PS mehr, als ich es gewohnt bin, zu fahren. Die Grenzkontrolle ging schnell und ohne Probleme, wenn man davon absieht, dass die Ampeln, die anzeigten, welches Kontrollhäuschen besetzt war nicht funktionierten und wir uns auf der falschen Spur einordneten.
Wir fuhren nach Serbien hinein, landeten gleich in einer Stadt und mussten erstmal schauen, wie wir uns da durchwursteln konnten. Aber eigentlich war es alles kein Problem bis Belgrad, weil das gut ausgeschildert war. Nur einmal in der Stadt angekommen wurde ich zum einen sehr nervös – ich bekomme bei Stadtverkehr immer ein wenig Panik, zum anderen war auch nicht mehr viel ausgeschildert. Das Navi funktionierte nicht, denn obwohl ich extra die Karte für Serbien heruntergeladen und installiert hatte, schien mein Handy nur die Autobahn und die größeren Bundesstraßen zu kennen. Unser polnischer Mitfahrer stellte sich als echter Orientierungskünstler heraus. Ich war ziemlich beeindruckt, wie er uns nach einem Blick in die Karte, die nur einen kleinen Ausschnitt der Innenstadt zeigte, durch die Stadt lotste. Nach dem dringend notwendigen Fahrerwechsel, einer kurzen Etappe auf der Straßenbahnspur und einer Exkursion auf einen Klinikparkplatz fuhren wir endlich über die Savebrücke und fanden recht schnell auch die Arena, wo wir uns mit unserem Couchsurfing-Gastgeber treffen wollten. Nur mit dem Parkplatz war es etwas schwieriger, denn in der Arena fand eine Wahlkampfveranstaltung statt und so waren auch die Wohngebiete drumherum wild zugeparkt. Schließlich war auch das geschafft und wir gingen mit unserem Gastgeber nach Hause. Nach einigen Muffins zur Stärkung brachen wir wieder in die Stadt auf. Wir waren in Novi Beograd, wie sich herausstellte brauchte man aber zu Fuß nur etwa eine halbe Stunde in die Innenstadt. Das Auto blieb erstmal für über einen Tag stehen.

 

Belgrad zu Fuß


Wir liefen zur Festung Kalemegdan und genossen den Blick über die Stadt. Unser Belgrader zeigte uns auch noch den Ausblick über den Zoo, dort wurden wir aber recht schnell von einem Sicherheitsmann weggescheucht. Der Zoo ist nämlich zum Teil in die alte Festung hinein gebaut und man kann praktisch von der Festungsmauer ins Bärengehege springen. Das hat wohl auch ein alkoholisierter Mensch mal getan, aber der Bär hatte keine Gelegenheit mehr, mit ihm zu spielen, denn unten angekommen starb er bereits an den Folgen des Sturzes. Der Bär hat es demzufolge auch überlebt, man tötete ihn nicht, um den Mann zu retten.

Danach gab es Fladenbrot mit Cevapi, Sauerrahm und Zwiebeln, bzw. Fladenbrot mit einer Art Käsequark und Zwiebeln für mich. Das Lokal war winzig, es schmeckte gut und wir waren gestärkt fürs Nachtleben. Wir gingen zunächst ins Boheme-Viertel. Ich weiß nicht so richtig, denke aber, dass Boheme sich in dem Fall eher auf Freigeist und Künstler bezieht als auf Böhmen. Die Gasse war links und rechts gesäumt von Kneipen mit Freisitzen, wir wählten schließlich eine verstecktere und setzten uns rein. Unser Gastgeber erzählte witzige Reise- und Hitchhikinggeschichten und machte uns auf diesem Weg durch seine Hauptfiguren auch gleich noch mit Vorurteilen gegenüber Roma und Albanern vertraut. Die Missverständnisse in den Erzählungen gingen gut aus, und so konnten wir darüber herzlich lachen. Danach wollten wir noch in ein Jazzlokal, wo aber für einen privaten Geburtstag eine Gypsyband spielte. Das störte uns nicht, wir nahmen Bier und Rakija und fühlten uns sehr wohl. Einer von uns Deutschen spielte schließlich ein wenig Gitarre, die er von dem einen Musiker erbeten hatte und der Nebentisch sang „Knocking on Heaven's Door“ mit. Es war ein großartiger Abend und als wir nach Hause gingen, hatten wir noch eine ganze Menge zu lachen. Wir saßen noch im Zimmer unseres Gastgebers herum, aber nach und nach schlief einfach jeder ein. Ich hatte das Sofabett bekommen, die Jungs schliefen auf einem Deckenlager, so dass der komplette Boden bedeckt war. Unsere Taschen blockierten die Schränke. Kurz gesagt: Wir nahmen den ganzen Raum ein.



 
 
Unser Gastgeber schlief - gewzungenermaßen - woanders und kam am nächsten Morgen wieder herein, um Sachen zu suchen, was auch schon nicht ganz einfach war. Während wir langsam aufstanden, ging er zur Uni und wir mit seiner Schwester in die Stadt. Vorher machte uns die Mutter, die ziemlich gut Englisch und ein bisschen Deutsch sprach aber noch Tee und bot uns noch mehr Muffins an. Sie war großartig. Ich traf dann später einen serbischen Studenten, den ich auf einer Exkursion vor einem Jahr kennengelernt hatte und später trafen wir uns alle wieder. Die Schwester unseres Gastgebers war eigentlich seine Cousine, aber die beiden verstanden sich so gut, dass sie wie Bruder und Schwester waren. Sie begleitete uns, obwohl sie eigentlich in der Schule sein musste, den ganzen Tag. Es war sehr schönes Wetter und so gingen wir in den Zoo. Das war aber keine so gute Idee. Die Tiere hatten viel zu wenig Platz, wirkten falsch ernährt und falsch untergebracht. Sie vegetierten zum Großteil vor sich hin und hockten teilnahmslos da, es war ein deprimierendes Bild. Der Elefant wurde von den jungen Zoobesuchern mit Chips gefüttert, ohne, dass jemand eingriff (dass der Elefant überhaupt an die Hände der Besucher herankam, war ja schon so ein Unding). Die Wölfe und Raubkatzen hatten große Fleischstücke in ihren Käfigen liegen und langweilten sich zu Tode, hin und wieder knabberten sie daran herum. Das Krokodil hatte eine kleine blaue Wanne, in der es sich wahrscheinlich noch nicht einmal herumdrehen konnte und bewegte sich nicht. Ob es noch lebte wurde, glaubt man unserem Gastgeber, bereits seit Jahren bezweifelt.

Danach suchten wir ein Restaurant mit Freisitz, was zu einigen Wortwechseln und ein wenig Stress führte, da es nicht einfach war, alle unter einen Hut zu bringen. Am Ende fanden wir eine schöne Pizzeria, mit überdachter Terrasse auf die Straße hinaus.
So gestärkt wollten wir noch ein paar Bier kaufen und uns auf die Festung hocken, um den Ausblick auf Sava und Donau nun auch noch einmal bei Nacht zu genießen. Ich wollte gern Flaschenbier, weil ich diese blöden Bierdosen nicht wirklich mag und ich finde, es schmeckt irgendwie besser aus der Flasche. Zu meiner Überraschung wurde mir aber keins verkauft, weil ich keine Pfandflaschen abzugeben hatte. Volle Flaschen gab es nur gegen leere. Wir rätselten, wie man jeweils in den Besitz seiner ersten Bierflasche kommen würde und wie viele Kriege schon wegen Flaschendelikten ausgebrochen waren. Wir setzten uns also mit Dosenbier an die Brüstung von Kalemegdan und diskutierten über Griechenlandhilfe und Finanzkrise. 
Interessanterweise vertraten meine Wirtschaftsstudentenfreunde keine allzu neoliberalen Sichtweisen, so dass es auch nicht zum Eklat kam und niemand die Stadt vorzeitig verließ.

 
Unser Gastgeber wartete sicher auf uns, deswegen wollten wir nicht allzu spät kommen, aber schließlich mussten wir doch noch ein paar Umwege machen und brauchten bestimmt zwei Stunden zwischen Festung und Wohnung. Wir sollten nämlich für Pfannkuchen, die seine Mutter gemacht hatte, Nutella mitbringen, was sich zu dieser späten Stunde als deutlich schwieriger als zum Beispiel in Cluj herausstellte. Wir nahmen einen kleinen Umweg, fanden aber trotzdem keinen 24-Stunden-Lebensmittelladen. An der Tankstelle, wo wir vorbei kamen, gab es keine Nutella und wo ein weiterer Supermarkt war, wussten wir nicht. Wir nahmen schließlich eine Abkürzung durch das Wohnviertel und standen prompt vor einem Supermarkt. Dieser hatte aber scheinbar gerade in der Minute, als wir auftauchten, seine Pforten geschlossen und würde erst in 15, 20 Minuten wieder öffnen. Auch ein 24-Stunden-Supermarkt braucht mal eine Pause, beziehungsweise das Wachpersonal braucht diese, um davor auf der Bank zu sitzen und zu rauchen. Wir gingen folglich in eine der zwei Bars in der Nähe und wurden gebeten wieder zu gehen – Privatparty. Bei der anderen hatten wir schließlich Glück und so gab es für alle außer mich (ich hatte keine Lust auf Bier mehr) noch ein Bier in der Wartezeit. Ich ging dann schon mal Nutella kaufen, wir kauften für die Mutter unseres Gastgebers noch Pralinen und machten uns langsam auf den Heimweg. Dort saß unser Gastgeber noch vor dem Rechner und lud uns ein, mit ihm auf eine Party zu kommen. Wir waren alle sehr müde und fertig vom durch die Stadt laufen, wollten das aber nicht ausschlagen, auch wenn wir wohl keine besonders unterhaltsame Gesellschaft mehr sein würden. Die Party war im sechsten Stock eines Bürogebäudes und der Club – Laika – war von daher schon interessant. Mit uns war aber nichts mehr anzufangen. Unser Gastgeber fuhr uns zurück und zog vermutlich noch weiter, wir gingen schlafen, wir wollten ja früh aufstehen am nächsten Morgen, um zum Eisernen Tor zu fahren.

Daraus wurde nicht so recht etwas. Ich quälte mich zwar kurz nach acht aus dem Bett, aber bis wirklich alle wach waren, dauerte es noch ein bisschen. Mehr Zeit nahm allerdings das Frühstück – besagte Pfannkuchen und Tee und natürlich wieder eine Menge lustiger und interessanter Gespräche – in Anspruch. Keiner von uns wollte so richtig abreisen, die Familie war einfach großartig gewesen, die zwei kurzen Tage in Belgrad voll von unvergesslichen Ereignissen.

Der Rückweg auf kurvigen Pfaden


Wir schafften es dennoch irgendwann abzufahren und schlugen die Richtung zur rumänischen Grenze ein, allerdings nicht direkt, sondern mit dem Umweg über den Djerdap-Nationalpark an der Donau. Die Donau bildet ja die südliche Grenze Rumäniens, sowohl mit Serbien als auch in weiten Teilen mit Bulgarien. Dort war die Donau jahrhundertelang nahezu unpassierbar gewesen, da links und rechts gefährliche Felsen aufragten, die für Strudel und Stromschnellen sorgten. Dies ist heute, aufgrund eines Wasserkraftwerks mit großer Staumauer nicht mehr der Fall, aber die Felsen und der nun ziemlich breite Fluss sind dennoch ein beeindruckender Anblick. Wir fuhren immer auf der serbischen Seite (vermutlich die schönere) entlang. Zunächst, als wir an der Donau ankamen, bot sich uns der atemberaubende Anblick einer alten Festung, die in die Felsen gebaut war. Wir kamen für Stunden aus dem Staunen nicht mehr heraus. Der Weg war wunderschön und wir hielten oft, um zu schauen und Fotos zu machen. So auch beim in Stein gehauenen Dakerkönig, der am anderen Ufer, auf der rumänischen Seite zu sehen war. Als wir zum Fluss herunterliefen, waren dort einige Männer, die grillten, zwei Kühe und ein alter Mann, der diese hütete und insgesamt eine einzige Frau und drei Kinder, die von dem Kuhhüter davon abgehalten wurden sich der Kuh allzu sehr zu nähern, aber keine natürliche Angst vor dem Riesentier hatten.


Es waren nur noch ein paar Kilometer zur Grenze und so suchten wir noch eine Tankstelle auf der serbischen Seite. Wir füllten mit unseren letzten Dinar den Tank, soweit das Geld reichter und überquerten den Fluss und damit die Grenze. Auch diesmal gab es keinerlei Probleme und so waren wir wieder in Rumänien. Was erstaunt ist, dass das serbische Durchschnittseinkommen deutlich unter dem rumänischen liegt – auf mich machte allerdings Serbien den entwickelteren Eindruck als Rumänien. Das zeigt sich an kleinen Dingen wie relativ guten Straßen, gepflegten Häusern in den Dörfern und fehlenden Straßenhunden. Natürlich, wir waren nur in Nordserbien und zum Süden gibt es ja angeblich ein starkes Gefälle, aber ich würde nicht sagen, dass Rumänien sehr viel weiter als Serbien ist.

Wir verfuhren uns in Turnu Severin kurz, das heißt, es gab zwei Möglichkeiten nach Cluj zurück zu kommen und wir nahmen die, die wir eigentlich zunächst nicht hatten nehmen wollen. Im Endeffekt war das aber ein großes Glück. Wir fuhren vielleicht 30km durchs enge Jiu-Tal in den Transilvanischen Alpen, ein Teil der Karpaten was einfach nur unglaublich schön war. Es wurde bereits dunkel und der Nebel senkte sich über die Berge. Die Strecke war sicher ganz und gar nicht ungefährlich, aber unser Fahrer (ich fuhr nicht mehr, nachdem meine Fahrfertigkeiten etwas kritisiert worden waren) fuhr wirklich sehr sicher und hatte unseren Leih-Opel gut unter Kontrolle. Wir brauchten dennoch ziemlich lange, aber das lag eher an den Straßenbedingungen.



Um halb zwei in der Nacht waren wir wieder am Wohnheim, konnten den Portier nach einer kurzen Diskussion davon überzeugen, die Schranke auf zu machen und stellten das Auto ab. Wir tauschten noch kurz Bilder und ich versuchte schlafen zu gehen, was schwierig war, so aufgewühlt, wie ich war nach all den Erlebnissen. Aber ich wollte am nächsten Tag morgens um zehn nach Budapest starten, denn ich wollte ab Montag ins Archiv zum Recherchieren. Ich schaffte den Zug knapp, aber das ist schon wieder die nächste Geschichte. Als ich meinen Laptop aufklappte, um dies hier zu schreiben und auf meinen USB-Stick schaute, was für Musik mir unser Gastgeber mitgegeben hatte, fand ich vielleicht 20 Alben Balkan-Musik. Großartig.

City-Hopping

 



Cluj-Timisoara-Belgrad-Cluj-Budapest - Mir schwirrt ein wenig der Kopf, aber dennoch fühle ich mich gut. Gerade jetzt ist es unmöglich, sich schlecht zu fühlen, in Budapest ist traumhaftes Wetter. Wahrscheinlich wird es im Laufe des Tages noch sehr heiß, aber ich werde einfach die heißeste Zeit des Tages im Archiv verbringen. Und dann abends noch ein Spaziergang an der Donau, das wäre ein guter Abschluss des Tages. Ich liebe diesen Fluss. Gerade in Serbien, als wir über hundert Kilometer an ihm entlang fuhren, hat die Idee mich wieder ergriffen, ihn eines Tages mit dem Rad zu bereisen. 

Der Reisebericht für Belgrad folgt in den nächsten Tagen, er ist bereits geschrieben, muss aber noch mit Fotos und Videos versehen werden. Jetzt gehe ich erstmal arbeiten. Schade bei diesem Wetter, aber ich habe es mir fest vorgenommen, die letzten Wochen fleißig zu sein. Viele Grüße von der Basilika in Budapest!

Sonntag, 13. Mai 2012

Dreamdancing Days

Cluj Electro beats

Die letzten Tage waren großartig, voll von ungewöhnlicher Musik, mit dem richtigen Maß großartiger Gesellschaft und guten Gelegenheiten zum Tanzen. In Cluj war das Clujotronic Electro Festival, organisiert von  Deutschen Kulturzentrum und Centre Cultural Francais, in Kooperation mit der Fabrica de Pensule und dem Casa Tranzit, zwei alternativen Kunst- und Veranstaltungszentren in Cluj. Am Freitag war es in der Fabrica de Pensule, am Samstag im Casa Tranzit. 

Am Donnerstag waren wir im Kino gewesen (The Avengers) und hatten davor und danach ziemlich viel getrunken. Davor gab es unter anderem eine Flasche selbstgebrannten Obstler (Țuica) vom Markt, originalgetreu in der Plastikpepsiflasche verkauft. Der Film gefiel mir gar nicht, aber ich war auch nicht in der Stimmung, mich darauf einzulassen. Die 3D-Effekte fand ich total sinnlos, ich konnte dem überhaupt nichts abgewinnen und die Story war auch ziemlich freakig. Gut, es geht um Freaks, äh, Superhelden, aber irgendwie habe ich das Gefühl, man hat versucht möglichst viel Actionkino in einen Film zu packen und musste dann halt noch irgendeine Geschichte dazu erfinden. Danach ging es noch weiter ins Insomnia, wo wir andere Erasmusstudenten trafen und noch ein paar Bier tranken und später noch ins La Gazette, wo weitere folgten. Die Musik war nicht so mein Geschmack und so ging ich relativ früh. Auf dem Heimweg quatschte ich noch auf Rumänisch mit einem Typen, der ein paar Meter hinter mir lief. Naja, ich glaube, ich quatschte eher betrunken auf ihn ein, aber dennoch war das mal wieder ein Paradebeispiel für Fremdsprachenkenntnisse unter Alkoholeinfluss. 

Am nächsten Tag brachte ich nicht wirklich etwas zustande. Es war sehr heiß und ich schlenderte durch die Stadt und aß Eis und schaute in den einen oder anderen Second-Hand-Laden herein. Bereits um acht sollte der Film beginnen, der den Auftakt zu Clujotronic bildete. Es handelte sich um Berlin - Sinfonie einer Großstadt, ein schwarz-weiß Dokumentarfilm ohne Ton aus dem Jahre 1927. Im Original ist er von einem Orchester vertont, auf dem Festival geschah die Vertonung natürlich live mit elektronischer Musik von Mastino Surfers. Der Film war extrem beeindruckend. Die Szenen zeigen einen Tag im Leben der Stadt. Vom Gesamteindruck finde ich, dass der Film versucht, die Modernität der Stadt zu zeigen. Es ist viel zu sehen, was symbolisch für die Industrialisierung (Lokomotiven, Fabrikarbeiter) oder die technischen Errungenschaften der Zeit (Paternoster, elektrisches Licht) steht. Es ist zu sehen, wie sich die Menschen vergnügen und was für opulente Speisen sie zu sich nehmen, es wird aber auch in einigen Szenen ein Bild auf das andere Ende der sozialen Leiter geworfen und Bettler und arme Leute gezeigt. Auch wenn beispielsweise die Darstellung der Fabrikarbeit meiner Meinung nach relativ unkritisch bleibt - die Assoziation Mensch-Maschine bei den Fabrikszenen hat man meines Erachtens nur aus unserem heutigen Blickwinkel heraus und ich denke nicht, dass diese Darstellung damals intendiert war - hinterfragt der Film dennoch an einigen Stellen die sozialen Verhältnisse, beispielsweise wenn auf riesige Menüs im Salon bettelnde Menschen folgen oder eine Zeitung abgefilmt wird und die Schlagzeile "Geld" fünfmal hintereinander eingespielt wird. 

Den Film kann man scheinbar komplett auf Youtube schauen, allerdings weiß ich nicht, ob nur von Rumänien aus:


Danach gab es Käse und Wein vom französischen und Brezen und Bier vom deutschen Kulturzentrum im Hof des Geländes, dazu eine Videoinstallation an einer der angrenzenden Gebäude. Es war einfach wunderbar, mit einer Brezel und einem Glas Wein in der Hand und einem Stück richtig gutem Käse auf der Zunge dazusitzen und zuzuschauen, mit den anderen zu quatschen und über das Leben zu philosophieren, alles wirken zu lassen und zu genießen. Die laue Abendstimmung trug ihren Teil bei und so wurden wir von einer jungen Mitarbeiterin des Kulturzentrums mehrmals aufgefordert uns doch wieder in den Veranstaltungsraum zu begeben, wo das nächste Konzert begann. Es wäre unverzeihlich gewesen, das zu verpassen. Onyx Ashanti trat mit seinem sogenannten Beatjazz-Controller auf. Er hat kleine Geräte an den Händen und am Mund und durch Tastendruck und Hineinblasen kreiert er äußerst tanzbare Beats. Es ist einfach nur eine Wahnsinnsshow mit großartiger Musik. Der Raum war nicht gerade brechend voll und so gab es viel Platz zum Tanzen und wenn man mochte, konnte man sich auch an den Rand setzen, zuschauen und beeindruckt sein. Ich tat zuerst das Erstere, dann das letztere, trank dazu Radler - eine seltene Gelegenheit in Rumänien, da diese Getränk hier nicht besonders verbreitet ist - und war einfach nur ziemlich glücklich in dem Moment. Den Herrn Ashanti muss man sich bei seiner Performance übrigens ungefähr so vorstellen, nur noch in tanzender Bewegung eben: 
 (Bildquelle: http://images.gizmag.com/hero/beatjazzhands.JPG)

Ich war mit einer anderen Erasmusstudentin mit dem Fahrrad gekommen, da diese aber schon weg war, lehnte mein Fahrrad nun allein an der alten Fabrikmauer. Genauer genommen lehnte es an einer anderen Ecke - nach einem kurzen Schreck sah ich, dass es wohl jemand umgeparkt haben musste. Ich radelte los, traf aber schon nach einem Kilometer oder weniger eine andere Studentin auf dem Heimweg und lief dann mit ihr. 

Am nächsten Tag war nicht an Ausschlafen zu denken, gemeinsam mit zwei anderen Erasmus-Mädels wollte ich zur Aktion "Let's do it Romania!". Frühmorgens um acht versammelten sich Freiwillige, um mit Bussen an verschiedene Stellen gebracht zu werden, wo sie Müll aufsammeln wollten. So auch wir. Ich hatte schon ein bisschen eher von der Aktion gehört und war sehr froh, nun mit netter Gesellschaft teilnehmen zu können. Wir fuhren ein ganzes Stück raus aus der Stadt und sammelten zwei Stunden in große Plastiksäcke eine illegale Müllkippe zusammen. Zu finden war alles, was man sich vorstellen konnte, von Kinderwindeln bis halbverottete BHs, sehr viel Bauschutt, FliesenGlas, Flaschen, aber auch Autoteile. Es war ziemlich heiß und die Arbeit war sehr frustrierend - man sah wenig Fortschritt und es war sehr anstrengend, so dass wir nach zwei Stunden bereits genug hatten. Wir holten uns am Startpunkt noch ein T-Shirt - weiß und in der Männergröße L - gingen dann im Wohnheim schnell duschen und noch gemeinsam Chinesisch essen. 


Ich wollte eigentlich schon am Nachmittag wieder zum Clujotronic-Festival, schaffte es dann aber doch nur, ein Eis zu essen und ein bisschen durch die Stadt zu spazieren. Dafür ging ich am Abend mit meiner Mitbewohnerin los. Um neun sollte das Ganze beginnen, halb zehn waren wir da und es war noch nichts los. Da denkt man, wenn das Deutsche Kulturzentrum dabei ist, geht alles pünktlich über die Bühne, aber darauf ist wohl auch kein Verlass. Wir wurden musikalisch entschädigt, auch wenn ich den ersten DJ, Lionel Lauret, zwar gut, aber eher langweilig fand (und nach einer Stunde war es dann auch etwas eintönig). Ich weiß auch nicht, warum mit dem DJ begonnen wurde. So gesehen war es ja eine gute Einstimmung, etwas langsamer anzufangen, aber andererseits wollte man ja auch in Stimmung gebracht werden. Er spielte jedenfalls auch ein bisschen Electroswing und ein bisschen ins Tanzen kam man schon, aber das nächste war viel viel besser.


Sebastian Arnold. Allein auf der Bühne mit Schlagzeug, Synthesizer und Computer. So gewöhnlich sein Name auch klingt, so außergewöhnlich sein Konzert. Ich klaue mal die Beschreibung, die er selbst auf seiner Website liefert, weil ich es wohl kaum besser formulieren kan:
"Sebastian Arnold is a drummer and electronic musician living in Berlin, Germany. He is touring as a one-man-band playing drums and synthesizers, creating a danceable mixture of jazz, electronica and post-rock music by using his drumset to directly interact with the electronic equipment."(Quelle: http://blog.sebastian-arnold.net/)
(Bildquelle: http://blog.sebastian-arnold.net/wp-content/themes/sebastianarnold/images/sebastianarnoldnet.jpg)

Ich trank nur ein Bier den ganzen Abend und ich war so müde, dass ich fast im Stehen schlafen konnte, aber ich war genau in der Stimmung, um dazu - sogar relativ wild - zu tanzen. Die Mädchen mit den Aerobic-Übungen konnte ich natürlich nicht übertrumpfen. Um mich herum waren drei junge Frauen, in schwarzen Leggings, barfuß und mit grünen, orangen und blauen Kleidern, die in ihrer Performance und ihrem wilden Rumgespringe eher aussahen, als würden sie rhythmische Sportgymnastik betreiben, als dass sie zu einem guten Konzert tantzen. Ich unterhielt mich noch kurz mit einem Rumänen, der mich und meine Mitbewohnerin angesprochen hatte, und verschwand dann gegen eins, weil ich einfach total übermüdet war. Ein wunderbarer Abschluss zwei herausragender Konzerttage. Auch wenn ich die letzten DJs verpasste, ärgerte ich mich nicht. Man soll ja gehen, wenn es am schönsten ist und so hat alles perfekt gepasst.



Samstag, 12. Mai 2012

Arabia, Teil Rumäniens!




Dieses Stencil habe ich nicht zum ersten Mal gesehen in Rumänien. Es zeigt den rumänischen Nationaldichter Mihai Eminescu, der im 19. Jahrhundert lebte und aufgrund seiner konservativen politischen Einstellungen gern von der politischen Rechten instrumentalisiert wird, darüber steht normalerweise "Besarabia" [Bessarabien] und darunter "Pamânt Românesc" [Rumänisches Land]. Es ist ein nationalistisches Graffiti, dass sich für eine Vereinigung der heutigen Republik Moldau - also der historischen Region Bessarabien - mit Rumänien ausspricht, bzw. feststellt, dass dieses Land eigentlich Teil Rumäniens ist. Die politische Union wäre damit eine notwendige Folge. Die Sache ist ziemlich kompliziert und viele Historiker und Politikwissenschaftler haben sich, unter anderen, bereits darüber den Kopf zerbrochen.

Ein kleiner geschichtlicher Exkurs

 

Kurz gesagt war Bessarabien bis 1812 Teil des Fürstentums Moldau, aus dessen westlichen Teil dann 1859 durch die Vereinigung mit dem Fürstentum Wallachei der erste rumänische Nationalstaat enstand. Bessarabien war zu diesem Zeitpunkt allerdings Teil des Zarenreichs und nahm somit nie an der rumänischen Nationalstaatsentstehung Teil. Nach dem ersten Weltkrieg entstand durch im Krieg gewonnene Gebiete das sogenannte Großrumänien, welches allerdings nur bis zum zweiten Weltkrieg Bestand hatte. Für etwa zwanzig Jahre war nun Bessarabien Teil Rumäniens, bevor die Sowietunion es sich wiederum einverleibte. Die rumänische Armee hielt es während des zweiten Weltkriegs besetzt, da Rumänien aber lange Zeit an der Seite der Deutschen kämpfte und erst 1944 die Seiten wechselte, wurde es als Verlierer behandelt und verlor unter anderem Bessarabien infolge der Friedensverhandlungen. Die Sowjetrepublik Moldawien enstand auf dem Gebiet. Nach der politischen Wende in der Sowjetunion wurde das Land unabhänig und heißt heute Republik Moldau. Die meisten westlichen Beobachter rechneten mit einem raschen Anschluss an Rumänien, dies ist aber immer weniger wahrscheinlich. Nicht zuletzt, weil das Land eine hohe ethnische Heterogenität aufweist (ca. 11% Ukrainer, 9%) und die Titularnation sich selbst zum Teil als eigenständige Ethnie, nämlich Moldauer, sieht, wird ein Zusammenschluss der Länder von etwa der Hälfte der Bevölkerung zurückgewiesen (Ergebnisse einer Umfrage). Nichts desto trotz beantragen viele Moldauer den rumänischen Pass, den sie bekommen, wenn sie eine rumänische Abstammung nachweisen können. Das ist nicht besonders schwierig, da offizielle Dokumente der Eltern, Großeltern oder Urgroßeltern aus der Zwischenkriegszeit eine rumänische Staatszugehörigkeit beweisen können. 

Zurück zum Stencil


Ein Spaßvogel hat das Stencil auf dem Foto, aufgenommen im Mai 2012 in Cluj, jedenfalls manipuliert und die ersten drei Buchstaben weggekratzt. Somit ist nun Arabien Teil Rumäniens und nicht mehr Bessarabien. Wie das allerdings geschichtlich gerechtfertigt werden kann, ist mir schleierhaft. 



Mittwoch, 9. Mai 2012

Kleines Abendglück

Die ersten Erdbeeren des Jahres, auf dem Markt gekauft, in Oradea angebaut und gerade eben von einer netten Erasmuskollegin vorbeigebracht. Inzwischen leider schon alle... Aber sie waren so gut und supersüß!

Sonntag, 6. Mai 2012

Ode auf Insomnia - Cluj, wie ich es liebe

Das Insomnia ist ein Café in Cluj, abends auch eine Kneipe, manchmal auch ein Veranstaltungsort für Konzerte. Es ist einer meiner Lieblingsorte in Cluj. Das Lokal ist in der Strada Universitații. Man geht einen Innenhof herein und dann rechts die Treppe hoch, dann gelangt man in ein sehr geräumiges Lokal mit mehreren Nebenräumen, großen Tischen und Bänken, aber auch kleineren Sitzgruppen und vereinzelt sogar Sofas. Abends ist es oft brechend voll und so verraucht, dass es passieren kann, dass einem die Augen tränen. Manchmal spielen ein paar Musiker mit Violinen und dergleichen ein bisschen Zigeunermusik.

Ich sitze gerade, während ich das hier schreibe, im Innenhof, wo Tische aufgestellt sind und riesige grüne Sonnenschirme. Die Wände um mich herum sind mit grün-blau-gelb-orangen Kreisen angemalt und mitten in der Mitte ist ein kleiner Brunnen, der mit rosa angemalten Duscharmaturen und Schläuchen und rosa angesprühten Tonschafen geschmückt ist. Er plätschert leise im Hintergund. Das wunderbare: Es gibt keine Lautsprecher hier unten, nur von dem Café oben hört man leise die Musik. Ansonsten höre ich die Bedienung, die sich mit Freunden auf Rumänisch unterhält und gerade eine sehr entspannte Schicht hat und am anderen Tisch ein paar junge Leute, die sich auf Ungarisch unterhalten. Auch das ist an diesem Lokal toll - es wird explizit darauf hingewiesen, dass man sowohl auf Rumänisch als auch auf Ungarisch bestellen kann.

Ich habe gerade einen super leckeren warmen Schokobrownie mit zwei Kugeln Eis verdrückt und damit noch nicht genug, dazu hatte ich noch einen Karamellmilkshake. In Rumänien bekommt man als Milkshake oft nur Milch mit eingerührten Früchten oder Sirup. Meines Erachtens gehört aber in einen richtigen Milkshake auf jeden Fall auch Eis. In den Milkshakes vom Insomnia ist Sirup (in meinem Fall Karamell), Milch, Eis und obendrauf dick Schlagsahne.

Der Nachmittag ist also perfekt, auch wenn sich die Sonne inzwischen verkriecht und es ein bisschen kühl wird. Ich werde wohl bald aufbrechen. 

Das Foto ist ganz am Anfang meines Aufenthalts in Cluj an einem Nachmittag entstanden. Das am Notebook bin aber nicht ich (was man auch an der Zigarette erkennen kann, ich rauche ja nicht), sondern ein anderer Erasmusstudent.

 

Samstag, 5. Mai 2012

Mein Leipzig lob' ich mir...

...es ist ein Klein-Paris und bildet seine Leute. 
(Goethe)



Diese Tasse habe ich heute auf dem Flohmarkt gefunden und musste sie einfach mitnehmen. Goethe hat übrigens in Leipzig Jura studiert.

Mittwoch, 2. Mai 2012

Verlängertes Wochenende im Szeklerland - Rumänien auf Ungarisch

Letzten Freitag ging es los. Während die anderen vom Feiern wiederkamen, begaben wir uns zum Bahnhof, ausgestattet mit allem, was man für ein Wochenende (und in meinem Fall eventuell zwei Tage mehr) so braucht. Am Start: das Frollein aus Berlin und ich. Das Ziel: Sfântu Gheorghe, eine kleine Stadt etwa 300km von Cluj. In der Woche des Feiertags des Heiligen Georg (23. April) wird dort jedes Jahr ein großes Stadtfest gefeiert, welches am letzten Sonntag im April endet.



Die Zugfahrt nach Sf. Gheorghe dauert eine ganze Weile. Sechs bis sieben Stunden ist man unterwegs, von Cluj gibt es täglich zwei Direktzüge, die durch den Norden des Landes gondeln, ehe sie irgendwann in Sf. Gheorghe eintreffen. Die Abfahrtszeit ist entweder zwei Uhr nachts oder drei Uhr nachtmittags, man kommt entweder früh um acht oder abends um zehn an. Irgendwie nicht so optimal, deswegen wurde kurzerhand bahn.de konsultiert - dein Freund und Helfer, wo auch immer du in Europa hinwillst. Und siehe da, es geht natürlich auch noch mit Umsteigen und so fuhren wir halb elf nach Brasov los und wollten gegen sechs Uhr abends in Sf. Gheorghe ankommen. Die Zugfahrt zog sich ein wenig, war aber ok, auch wenn die Klimaanlage nur teilweise funktionierte und die Dame gegenüber sich weigerte, das Zugfenster zu öffnen. Aber alles in allem doch recht komfortabel und so standen wir gegen fünf in Brasov am Bahnhof. Am Bahnhofsvorplatz schauten wir, ob Busse Richtung Sf. Gheorghe fuhren. Dass in etwas mehr als einer Stunde noch ein Zug fahren würde, wussten wir. Ein älterer Herr bot uns an, uns hinzufahren für 10 Euro, fünf Euro pro Person. Der Preis war ok, wir hatten ohnehin keine richtige Ahnung, wie weit es sein würde und wohin wir genau mussten und so entschlossen wir uns nach kurzem Überlegen, das Angebot anzunehmen. Der Typ quatschte uns dann die ganze Fahrt, vielleicht eine halbe Stunde, in gebrochenem Deutsch voll. Erzählte von seiner Familie, von Rumänien, von seinem Job als Fahrer für Touristen und das in einer Art, als wäre es auch seine Aufgabe, uns bestmöglich zu bespaßen. Im Stadtzentrum ließ er uns raus, das heißt, irgendwo zwischen Plattenbauten. Von einem Stadtfest war nicht viel zu sehen. Es waren relativ viele Leute unterwegs, aber nirgends war irgendwas, was auf ein Fest hindeutete. Wir liefen einfach der Masse hinterher und kamen ins eigentliche Zentrum des Geschehens, an eine Bühne, an einen Essensstand und in eine Menge Trubel. Das Frollein fragte zwei Mädels mit Rot-Kreuz-T-Shirts, ob sie wüssten, wo das Gymnasium sei, wo wir übernachten würden. Die Übernachtung hatte dankenswerterweise eine weitere Freundin organisiert, die noch bei ihrer Familie in der Nähe zu Besuch war und am nächsten Tag zu uns stoßen würde. Die Mädchen brachten uns hin und wir trafen kurz darauf die Frau, die uns den Schüssel gab, ließen unsere Taschen da und schauten uns in der Stadt um. Es gab insgesamt vier Bühnen, neben der großen Hauptbühne noch eine kleinere für weniger wichtige Auftritte, von uns also Minderheitenbühne getauft, da dort z.B. Folklore und Behindertengruppen zu sehen waren. Außerdem gab es noch eine Bühne für die Jugend, wo am ersten Abend Schulbands auftraten, sowie eine Bühne im Weingarten, wo z.B. Jazz und Blues zu hören waren.
Wir schlenderten umher, aßen Kürtoskalacs und Langos mit Sauerrahm und Käse (die übliche siebenbürgische Variante), saßen herum, hörten uns die verschiedenen Musiker und schlenderten über den Markt. Wir gingne dann aber relativ früh ins Bett, denn am nächsten Tag wollte ja noch eine weitere Freundin dazu stoßen und die serbische Brassband Boban und Marko Markovic sollte auftreten, also wollten wir fit sein. Untergebracht waren wir ja im Internat einer Schule. Wir teilten uns ein Achtbettzimmer mit einer Frau und ihrer Tochter, die allerdings nur eine Nacht blieben und die Toiletten und Duschen auf dem Gang mit allen Menschen, die für das Wochenende in der Schule einquartiert waren. Es war kein Luxus, aber es war ok und es wäre wohl unmöglich gewesen, irgendeine andere Unterkunft zu finden an diesem Wochenende, denn die Stadt war voller Leute. Und irgendwie war es natürlich auch witzig, dieses Mädchenzimmer mit seinen kurzen Kinderbetten.



Am nächsten Tag setzten wir uns mit etwas Gebäck in den Park zum Frühstück und liefen danach durch die Stadt und hörten uns wiederum verschiedene Bands an. Zum Beispiel eine Gruppe Gypsy, die zur Musik eines Keyboards wild auf der Bühne Schuh plattelten. Dies war die erste und einzige der vielen Veranstaltungen am Wochenende, wo wir Roma sahen, die wirklich am Geschehen teilnahmen und nicht nur irgendwo am Rand des Parks saßen und die Essensreste der Festbesucher durchstöberten. Natürlich taten das auch während des Festivals nicht alle ständig, man sah auch an anderen Orten der Stadt Roma, vor allem auch herausgeputzte Romakinder. Dennoch zeigte sich leider auch dieses zwiespältige Bild: Während die Ungarn und Rumänen feiern, wühlen die Romakinder in den Mülltonnen. Aber hier nun auch das romantische Bild der tanzenden Roma:




 Gegen zwei kam die dritte im Bunde. Gemeinsam gingen wir erst einmal Mittagessen und dann in den Weingarten, wo wir verschiedene Weine probierten. Leider verpassten wir die Präsentation des 100kg-Brots, ein Ereignis, dass wir eigentlich fest eingeplant hatten. Wir kehrten noch einmal kurz in die Herberge zurück und zogen dann wieder los, denn wir - oder zumindest eine von uns unbedingt - wollten Republic nicht verpassen. Die ungarische Band war so etwas wie der Headliner des Stadtfestes, der Platz vor der Bühne war schnell voll mit einem sehr gemischten Publikum - Eltern mit Kindern, ältere Menschen, Rocker, junge Leute, alle gesellschaftlichen Gruppen waren vertreten. Und alle sangen die ungarischen Lieder mit. Ich habe ja mal gar nichts verstanden und hoffe, dass ich nicht bei irgendeiner seltsamen nationalistischen Veranstaltung war oder so, aber mir wurde versichert, dass dem nicht so ist. Das Frollein verglich Republic mit den Scorpions und so falsch ist der Vergleich wohl nicht. Stimmung machte die Band trotzdem, die Leute gingen ziemlich ab. Mein Hauptproblem war wohl die sprachliche Hürde. Gerade mit langsamen Rockballaden kann man eben nichts anfangen, wenn man gar nichts versteht. Aber ansonsten waren auch ein paar Sachen, die ein bisschen zum Rumhüpfen animierten, was aber aufgrund dessen, dass es so voll war, eher ein bisschen schwierig war. Direkt vor uns gingen ein paar langhaarige Rockertypen jedenfalls ordentlich auf die Musik ab, was für uns aufgrund der vielen Tattoos der Typen und ihres Kleidungsstils, sowie aufgrund des auf der Bühne dargebotenen Kuschelrocks schon lustig war. Einer der Typen versuchte dem Frollein näher zu kommen, was sie aber vehement ablehnte, worauf er angepisst was, aber auch nicht so recht locker ließ. Wir dachten uns, der sei sicher ziemlich betrunken, und als ein paar andere Männer neben uns sich als unsere Beschützer aufspielten, war eigentlich auch soweit alles ok, auch wenn wir versuchten, von den Rockern ein wenig Abstand zu halten. Auf jeden Fall war das Konzert ein Erlebnis und wenn es auf Rumänisch gewesen wäre, hätte ich mich vielleicht sogar dafür begeistern können.




Nach dem Konzert strömten die Leute vom Platz, obwohl schon die nächste Band, nämlich die serbischen Blasmusiker, angekündigt wurden. Wir kehrten also ziemlich schnell zurück und standen praktisch zweite Reihe, wenn auch mit einigem Abstand zur Bühne, weil einfach sehr wenige Menschen da waren. Wir konnten noch den Soundcheck und den Aufbau beobachten, die Serben waren ja richtig viele und da dauerte es eine Weile. Und wer war der Roadie und / oder Tontechniker? Der Rocker, der das Frollein angegraben hat! Zumindest war er nun kaum eine Stunde später wohl nüchtern genug, um die Band richtig zu verkabeln. Vielleicht war er auch gar nicht betrunken gewesen sondern hat nur Nähe gesucht. Wir werden es nie erfahren.
Als die Band schließlich anfing, war jedenfalls sehr viel Platz zum Tanzen, was ich auch ausgiebig tat. Zum Schluss gab es noch ein paar Stücke von Goran Bregovic (der ja auch im Juni nach Cluj kommt!) und ich war sehr sehr zufrieden. Die Musik war super, die Show war nett, das Wetter war toll, was hätte ich mehr wollen können?

 


Entsprechend fertig, aber auch sehr zufrieden waren wir gegen eins im Internat. Am nächsten Tag hatten wir noch einmal viel Zeit für Weingarten, Einkäufe und Essen. Wir erhaschten einen Blick auf das Riesenbrot, dass während einer ökumenischen Messe gerade gesegnet wurde. Dank der Ungarischkenntnisse unserer Gefährtin mit Szekler-Wurzeln schafften wir es im Restaurant vor Ort sogar etwas zu bekommen, was nicht auf der Karte stand - nämlich Palatschinken mit Eis. Damit hatten wir unsere kulinarischen Ziele auch fast erfüllt, nur ich habe es irgendwie nicht geschafft, einen Maiskolben zu verspeisen. Im Weingarten sitzend konnten wir schließlich noch den Wettbewerb um den schönsten Szeklerbart mitbeobachten. Der Herr in der K-u-K-Uniform schnitt übrigens gar nicht so gut ab, wie man meinen würde, er war entweder letzter oder vorletzter. Und auch auf die Länge kam es wohl nicht an, der längste Bart belegte auch einen hinteren Platz. Um zwanzig nach sieben ging dann der Zug Richtung Cluj (für meine Begleiterinnen) oder Richtung Wanderstartpunkt für mich.



Ich wollte nach Baile Tusnad, von wo aus ich am nächsten Morgen zum Lacul Sfânta Ana, ein Vulkankratersee, wandern wollte. Der Hinweg sollte etwa zwei Stunden dauern, das Ganze war also locker an einem Tag zu schaffen und es sollte ja herrliches Wetter werden. Ein bisschen Sorgen machte ich mir wegen der Bären, aber eigentlich war ich zuversichtlich, dass ich keine treffen würde und die mich falls doch, auch nicht fressen würden. Ich fand relativ schnell eine kleine nette Pension mit einem Zimmer mit viel Jagdhüttenflair - viel Holz und Holzgeruch und sogar ein kleiner Balkon, das Ganze für 50 Lei (etwa 12 Euro). Ich wanderte noch einmal durch den Ort und kaufte mir noch eine Flasche Wasser, um als nächstes festzustellen, dass es eine Quelle mit Heilwasser gab, wo ich mir selbiges hätte abfüllen können. Ansonsten war der Kurort offensichtlich sehr langweilig. Es waren zwar noch ein paar vereinzelte Kurgäste unterwegs, aber es gab wirklich nichts, was sie hätten tun können, außer in die Kneipe gehen. Und in den Night Club im Ort, den es wahrscheinlich nur aufgrund der Kurgäste gab und der höchst unauffällig "Orgasmo" hieß. Prostitution ist in Rumänien übrigens verboten.




Ich brach am nächsten Morgen um neun auf und ließ meinen großen Rucksack in der Pension. Die erste Etappe war ganz schön anstrengend. Einen hervorragend markierten Wanderweg ging es ständig bergauf und das über Stock und Stein. Ich war sehr froh, als der Serpentinenteil anfing und der Weg sich in sanften Windungen den Berg hochschlängelte. Von etwa 800m an der Ausgangsposition stieg ich in etwa anderthalb Stunden auf 1200m. Irgendwann kam das erste Hinweisschild und daneben lagen, mitten im Wald, aber eben direkt an einer Wegkreuzung und am Hinweisschild, die ersten Menschen, die ich seit Beginn des Waldes sah - ein splitterfasernacktes Paar mittleren Alters. Ich setzte meinen Weg unbeirrt in Richtung See fort. Ich kam vorbei an einem alten, halb zusammengefallenen Aussichtspunkt und schließlich zum Infozentrum des Naturparks mit Schildern, Kürtöskalacs-Verkauf, Imbiss und Übernachtungsmöglichkeit.

 Vorsicht! Gefahr durch Bären!




Und einer asphaltierten Straße, die den letzten Teil der Strecke zum See führt. Da ich mich im Naturpark befand, blieb ich tatsächlich fast ausschließlich auf der Straße, auch wenn das in Anbetracht des rumänischen Fahrstils nicht ungefährlich war und kam schließlich an den See. Selbiger war an sich nicht so spektakulär, wie ich ihn mir vorgestellt hatte. Dabei spielte sicher auch eine Rolle, dass ich ihn mir eben sehr ruhig vorgestellt hatte, aber ganz im Gegensatz dazu, recht viel Rumänen und Ungarn das verlängerte Wochenende nutzten, um mit ihren Familien Ausflüge zu machen. Demzufolge fand ich zwar einen schönen ungestörten Platz am Ufer, aber ganz ausblenden ließ sich die Gesellschaft am anderen Ufer auch nicht. Da es sich ja um ein Naturschutzgebiet handelte, war ich zudem sehr unsicher, was das Baden anging. Ich wäre zwar sehr gern zur Erfrischung reingesprungen, aber da das niemand anders tat, ich auch keine richtigen Badesachen dabei hatte und das Wasser dann doch auch ziemlich kalt war, beließ ich es beim Drinherumwaten mit hochgekrempelter Jeans. Es war dennoch sehr erfrischend. Ich lag noch ein wenig am Ufer herum, ging dann um den See herum und trat den Rückweg an. Hier hatte ich nun erstmals das Problem, dass der Weg nicht ganz eindeutig ausgeschildert war, aber schließlich nahm ich einfach den Weg zurück, aus dem ich auch gekommen war. Beim Schild, wo ich irgendwie immer noch die Nackedeis erwartete, die aber nicht mehr da waren, bog ich schließlich in die andere Richtung ab: "Castle Hill" und Baile Tusnad waren ausgeschildert. Ich wollte sowieso einen anderen Weg zurück nehmen und ein Abstecher zum ominösen Festungshügel war mir recht. Der Aufstieg auf selbigen war mal wieder nicht ohne, lohnte sich aber sehr. Die Festung, so erfuhr ich, war wohl erstmals im 6. oder 7. Jahrhundert auf dem Hügel errichtet worden und auch aus dem 12. und 13. Jahrhundert gab es Aufzeichnungen. Sie war wohl strategisch wichtig für die Szekler, also die ungarischen Siedler dieser Region gewesen. Jetzt zeugten jedenfalls nur noch große Gesteinsbrocken von den angeblichen Festungsmauern. An einigen Punkten hatte man einen wunderbaren Ausblick über Baile Tusnad. Dafür war der Weg auch schweißtreibend und ziemlich gefährlich, denn Sicherheitsabsperrungen gab es keine und zum Teil musste man schon kleine Klettereinlagen einlegen, um dem Pfad zu folgen. Der Abstieg ging dann zwar recht zügig, dennoch verpasste ich den Nachmittagszug weiter nach Gheorgheni, so dass ich erst kurz vor sechs abfahren konnte. Die Fahrt war dafür sehr schön, auch wenn die vielen langen Halte irgendwo an einem winzigen Bahnhof in einer vollkommen unbedeutenden Ortschaft nach mehreren Stunden ein bisschen nerven. Ich hatte aber ein sehr gut klimatisiertes Abteil den größten Teil der Reise ganz für mich allein und konnte damit leben.





In Gheorgheni angekommen machte ich mich auf den Weg in die Innenstadt, immer den anderen hinterher. Das bedeutete etwa 2-3km Fußmarsch. Zunächst kam ein Kaufland und ein Penny, dann viele Plattenbauten und erst praktisch am anderen Ende des Ortes die historische Innenstadt. Es war kurz nach neun und die Stadt war abseits von der Hauptstraße praktisch ausgestorben. Wirklich Angst hatte ich keine, angenehm war es aber auch nicht, so allein und so suchte ich verzweifelt nach einem Hotel und nahm schließlich das erstbeste, was mir billig erschien. 60 Lei (15 Euro) war kein Superpreis für das Zimmer, aber es war in Ordnung und ich hatte einfach keine Lust, nach etwas zu suchen, auch wenn ich in den anderen Unterkünften, wo ich vorbeigekommen war, wenigstens nach dem Preis hätte fragen sollen. Ich schlief ziemlich schnell und startete am nächsten Morgen gegen zehn, nachdem ich ein paar Kekse aus meinem Proviant gefrühstückt hatte. Ich hatte nicht viel Hoffnung, dass viel geöffnet haben würde, es war ja erster Mai und somit Feiertag und nach einem schönen Café hatte es auch nirgends ausgesehen. Noch dazu war ein Frühstück im Café in Rumänien nirgends einfach zu kriegen. Eigentlich wollte ich nach Lacu Rosu, einem Gebirgsee, der durch einen Erdrutsch und damit das Aufstauen eines Flusses entstanden war, aber die Hoffnung, dorthin zu gelangen, gab ich relativ früh auf, da ich nicht damit rechnete, dass am Feiertag Busse fahren würde und ich allein nicht trampen wollte. Plan B war einfach nur wegzukommen aus dieser nicht besonders schönen Stadt. Bis zehn Uhr abends, wenn der Direktzug nach Cluj abfahren würde, hätte ich es niemals dort ausgehalten, denn es gab tatsächlich nichts zu tun. Also wollte ich einfach den nächsten Zug oder Bus nehmen: Vielleicht nach Westen, vielleicht nach Norden, und wenn ich irgendwie nach Lacu Rosu gelangen sollte, auch gut. Am Bahnhof stellte ich fest, dass erst in drei Stunden ein Zug nach Târgu Mures fahren würde, am Busbahnhof war wirklich gar nichts los. Also kein Bus und die einzigen drei Menschen, die ich sah, verließen gerade den Platz, als ich kam. Ich überlegte, was ich tun könnte und ging zurück Richtung Innenstadt. In meinem Reiseführer stand etwas von einem Dorf in 6km Entfernung, wo auch Züge hielten und es ein Kloster und eine Festung gäbe. Vorher schaute ich mir noch die beschriebene gut erhaltene Synagoge von außen an, das heißt, durch die Mauer drumherum.


 Dann lief ich los. Mit Gepäck, die sechs Kilometer an der Straße entlang. Und es war noch nicht einmal unangenehm. Ich verwarf die Idee, zu Trampen als zu gefährlich für eine alleinreisende Frau. Als mich ein Fahrer heranwinkte, ging ich trotzdem zu seinem Auto, nur um herauszufinden, dass er in die andere Richtung fuhr und nur fragen wollte, ob ich vielleicht Sex mit ihm haben würde. Ähm, nein. Naja, der Typ war nicht aggressiv und die Sache war nur ein wenig unangenehm, blieb aber der einzige Vorfall dieser Art. Im Dorf angekommen kurbelte ich mir einen Eimer Wasser am Brunnen hoch, was unerwartet leicht war und trank frisches Brunnenwasser, was erwartungsgemäß erfrischend war. Dann ging ich weiter die Straße entlang, Richtung Burg, Kloster und Bahnhof. Zum Kloster und zur Burg schaffte ich es schließlich gar nicht, weil es mir wichtiger war, aus dem Ort noch wegzukommen und ich deshalb den Bahnhof suchen wollte. Aber ich fand noch ein ungarisches Kriegerdenkmal für die Opfer sämtlicher Kriege und Aufstände, Erster und Zweiter Weltkrieg eingeschlossen. Das fand ich ziemlich seltsam, weil ja Ungarn auch gerade wegen Siebenbürgen bei jeder sich bietender Gelegenheit gegeneinander gekämpft hatten. Ich verstand nicht, was darauf stand und warum es da überhaupt stand und setzte meinen Weg Richtung Bahnhof fort. Im kleinen aber im Gegensatz zur Außentemperatur recht kühlen Wartesaal saßen zwei Jungs im Alter von vielleicht 15, 16 Jahren und spielten Gitarre. Sie waren richtig gut und ich genoss dieses kleine Privatkonzert in diesem kleinen Wartesaal an diesem winzigen Bahnhof sehr. Ich stieg schließlich in den Zug nach Târgu Mures, der mich in dreieinhalb Stunden und einer unglaublich langsamen Geschwindigkeit näher Richtung Cluj brachte. Ich freute mich erst sehr über den alten Zug, mit den Kunstlederbänken, den offenstehenden Waggontüren und dem fehlenden Komfort, aber nach einer Weile hätte ich das ganze dann auch gegen Polstersitze und Klimaanlage getauscht. Irgendwann stieg eine Horde Jugendlicher ein, die sicher das verlängerte Wochenende zum Zelten und Feiern genutzt hatten und natürlich setzte sich genau auf den Platz mir gegenüber ein Pärchen, dessen Schmatzgeräusche mein MP3-Player nicht in der Lage war zu übertönen. Ich brauche bessere Kopfhörer.




Von Târgu Mures fuhr wiederum erst in zwei Stunden ein Zug und so beschloss ich, mein Glück mal am Busbahnhof zu versuchen. Nach einer dreiviertel Stunde warten kam der angekündigte Bus nach Budapest, war aber zunächst angeblich voll. Ich wartete einfach neben dem Bus, bis er abfuhr und siehe da, da war doch noch Platz für mich. Ich musste allerdings in Gilau, zehn Kilometer von Cluj entfernt aussteigen, von da sollte es aber Minibusse geben. Ich saß zunächst neben einem jungen Mann mit einem furchtbaren Tattoo im Nacken - ein Kreuz mit Flügeln, was für eine seltsame Idee ist das bitte? - zum Glück sah ich nur seinen Nacken, wer weiß, was er noch für hässliche Sachen auf seinen Körper gestochen hatte, aber er schlief und ich hatte meine Ruhe. In Turda musste ich den Platz wechseln und saß dann neben einem Rumänen, der wohl angehöriger der ungarischen Minderheit war, denn er sprach nur sehr schlecht Rumänisch. Er war auf den Weg nach Budapest, um dort zu arbeiten. Er arbeitete immer zwei Monate und kam dann für fünf Tage nach Hause, wenn ich es richtig verstand und das bereits seit ein oder zwei Jahren. In Gilau wurde ich ziemlich plötzlich praktisch direkt an der Autobahnausfahrt aus dem Bus geworfen und dachte mir erst: "Na toll, wie soll ich denn hier wegkommen? Und dunkel wird es auch langsam..." Andererseits war es ja auch gut, dass sie an mich gedacht haben, ansonsten hätte man wohl erst an der ungarischen Grenze bemerkt, dass man mich zu weit mitgenommen hat. Und es kam dann auch ziemlich schnell ein anderer Bus, der mich die letzten Kilometer mitnahm. Dazu drang folkloristische Popmusik aus den Lautsprechern. Ich lief die letzten Meter zum Wohnheim und war froh, wieder in Cluj gelandet zu sein.