Freitag, 25. Oktober 2013

Was man so alles mit Besuchern anstellen kann

Ich hatte Mitte Oktober das erste Mal Besuch aus Deutschland und konnte bei der Gelegenheit gleich mal probieren, wie es so klappt mit dem Beherbergen von Gästen und der Veranstaltungsplanung. Ich hoffe und glaube, die Freundin aus München ist zufrieden wieder abgereist und hat ein paar schöne Eindrücke sammeln können.


Eine kleine Rundfahrt durch Südwest-Rumänien


Sie kam am Samstag an und ich setzte mich in den Expressbus vom Flughafen, um sie da abzuholen. Das Münchner Schneeregenwetter hat sie glücklicherweise zu Hause gelassen und wir stromerten bei schönstem Sonnenschein durch die Stadt. Ich gab ihr einen groben Überblick und abends gingen wir dann noch in die Brauereigaststätte ein Bier trinken. Am nächsten Morgen wollten wir früh los. Wir hatten ein Auto reserviert um einen Tagesausflug zu machen. Zusammen mit dem Rumänen, den man öfter an meiner Seite findet, starteten wir Richtung Lugoj.
Der alte Schlachthof in Lugoj
Bevor wir die Stadt erreichten, hielten wir noch in einem Wald, der von
irgendeinem Fürsten als Jagdwald angelegt worden war und heute den Forstwissenschaften und der Erholung dient. Wir machten einen kleinen Spaziergang, ehe wir weiter nach Lugoj fuhren. Wir trauten uns über die Eisenbrücke, obwohl dafür vor Kurzem die Garantie, die die östereichisch-ungarischen Erbauer für einhundert Jahre gegeben hatte, abgelaufen war. Nette Kleinstadt, die uns jetzt aber nicht so sehr beeindruckte. Der Fakt, dass es die zweite Revolutionsstadt in Rumänien nach Temeswar war, beeindruckte uns jetzt auch nicht so sehr, als dass es unsere Meinung groß beeinflusste. Weiter ging es also nach Caransebes, das uns schon eher gefiel.
Keine Garantie...
Wir parkten das Auto in der Stadtmitte und begaben uns auf die Suche nach Essen. Da wir überall Volksfestklänge vernahmen, suchten wir die Quelle, weil es da ja auch Essen geben musste. Ich weiß nicht, ob es aus Rücksicht auf die Vegetarierin, also mich, war, dass wir uns dann doch dagegen entschieden und in eine der zahlreichen Pizzerien gingen. Diese war witzigerweise wohl mal ein China-Restaurant gewesen, so wie es darin aussah. Die Pizzen waren mittelmäßig, aber wir hatten genug Kraft, weiterzufahren. Nur in welche Richtung war jetzt die Frage. Es standen im Wesentlichen zwei Optionen zur Debatte: Das Banater Bergland in Richtung Oravita oder das Eiserne Tor an der Donau in Richtung Orsova, mit eventuellem Abstecher nach Baile Herculane. Obwohl die Tour nach Orsova als zu lang bemängelt wurde, setzte ich mich als Fahrerin durch und wir fuhren zur Donau.
Ich bin bereits einmal, auf wesentlich besseren Straßen, auf der serbischen Seite diese Strecke an der Donau entlang gefahren und war total beeindruckt. Auch von rumänischer Seite war die Fahrt nicht weniger sensationell. Und abenteuerlich: Regelmäßig tauchten riesige Schlaglöcher oder Gesteinsbrocken mitten auf der Straße auf. Teilweise gab es so viele Schlaglöcher, dass man nur Schritttempo fahren konnte und auf etwa zwanzig der hundert Kilometer Uferstrecke fehlte der Straßenbelag komplett. Soll heißen: Es gab keine Straße. Ich hatte so ein bisschen überlegt, ob man nicht von Orsova über die gut ausgebaute Strecke zurückfahren sollte, die wir auch gekommen waren, aber war vom guten Zureden meiner Mitfahrer und von der Schönheit der Donau schnell umgestimmt.

Nur leider brauchten wir für diese Strecke ewig, da wir oft nur 50, manchmal 30 und selten mal 60 oder 70 fahren konnten. Irgendwann zwischendurch dachte ich dann auch tatsächlich, das Auto kaputt gemacht zu haben, als ich einen Stein in der Fahrbahnmitte scheinbar kleiner einschätzte als der Felsbrocken, der er tatsächlich war und es als ich darüber fuhr einen wahnsinnigen Rumms gab. Der Ausblick und das Abenteuer entlohnten jedoch vollkommen. Irgendwann kamen wir um eine Kurve und mitten auf der „Straße“ oder besser dem Dreckweg stand eine Herde Kühe, die von zwei Leuten wohl nach Hause getrieben wurden. Ich fing nach einer Weile an, auf den Tacho zu schielen. 90 Kilometer weit sollten wir noch kommen und es sah in dieser Gegend wirklich so gar nicht nach Tankstelle aus. Die Ortschaft, die am Meilenstein angeschrieben war, war auch nur ein kleines Nest. Auch meine Beifahrerin begann, auf den Tacho zu schielen, sagte aber, genau wie ich, nichts. Irgendwann, wir waren gerade von der schlimmsten Strecke runter, gab es eine kleine vereinsamte Tankstelle, zwei Zapfsäulen und ein Tankwart. Ein ein-Mann-Betrieb, bei dem man ganz sicher nicht mit Kreditkarte zahlen konnte. Am Bargeld scheiterte es glücklicherweise nicht. Sobald ich die unscheinbare Tankstelle auftauchen sah, bremste ich scharf und riss den Lenker rum – unsere Chance, nicht stehenzubleiben. Nach der Rückfahrt ins Landesinnere ging es noch eine Weile durchs Banater Bergland, das alles bereits im Dunkeln. Vor uns tauchten nun aus dem Nichts landwirtschaftliche Maschinen auf, andere Autos waren auch wieder spärlich vertreten. Ich fuhr etwas „Romanian style“, um die Rückgabe des Autos um zehn in Temeswar irgendwie zu schaffen. Punkt zehn lieferten wir das Auto ab und krochen bald müde in unsere Betten beziehungsweise auf die Besuchercouch. 



Temeswarer Besuchsprogramm


In Temeswar hatten wir uns ein paar Sachen vorgenommen. Während ich arbeitete, entdeckte meine deutsche Freundin allein die Stadt, nachmittags und abends unternahmen wir dann noch etwas zusammen. Insgesamt sahen wir so ein Theaterstück im Deutschen Staatstheater, ein Konzert und einen Flashmob der deutschen Band Mine, das Revolutionsmuseum, den jüdischen Friedhof und diverse Parks, Statuen, Kirchen und Denkmäler. Außerdem sprachen wir mit ein paar Graffitti-Künstlern, die gerade an einem Industriegelände zu Gange waren. Natürlich kamen auch Bars, Restaurants und Cafés nicht zu kurz. Wir besuchten den schönen Biergarten Capite, die Teestube der Carturesti-Buchhandlung, aßen im BioFresh und tranken im Cuib d'Art, im Manufactura und im Scârti. Einige der Sachen waren auch für mich neu, wie zum Beispiel das Casa cu Flori.
Eigentlich drehte sich der ganze Temeswar-Besuch um Wilhelm Mühle, auf den der schöne Park Rosengarten in Temeswar zurück geht. Als wir diesen besuchten, fantasierte ich mir eine schöne Geschichte um Mühle zusammen, weil ich, neben seinem Monument stehend, gern ein wenig mehr über den Herren erzählen wollte. Er war meinen Angaben zufolge der größte Rosengartenexperte Ost- und Mitteleuropas, womit ich jetzt auch objektiv nicht ganz so falsch liege. Ebendieser Mühle, der Ende des 19. Jahrhunderts die damals österreichisch-ungarische Stadt mit seinen Pflanzen verschönerte, hatte in der Stadtmitte eine Gärtnerei, von der aus er seine Rosenzüchtungen über ganz Europa versandte. Und in ebendiesem Haus, dem Haus mit den Blumen, rumänisch Casa cu Flori, ist heute das gleichnamige Restaurant. Im rumänischen Vergleich etwas teurer bietet es herausragende Küche im gehobenen Ambiente. Mit meinem Besuch ließ ich mich auf der Dachterasse nieder und speiste hervorragend.
Danach waren wir gestärkt für den Theaterbesuch. Eine Adaption von Herta Müllers „Niederungen“ stand auf dem Spielplan. Wohl wissend das Herta Müller etwas speziell und das Stück somit potenziell seltsam sein würde, setzten wir uns ins Publikum, nachdem wir kurz vor Vorstellungsbeginn noch Karten ergattert hatten. Es war eine sehr fragmentarische Geschichte ohne klaren Erzählfaden. Allerdings gefiel es mir wieder Erwarten sehr gut.

Besuch aus Deutschland, Band aus Deutschland



Ein Highlight des Besuchs war sicher das Konzert der Band Mine, die vom Deutschen Kulturzentrum Temeswar in die Stadt geholt worden war. Um sechs gab es einen Flashmob in der Mall. Flashmob heißt in diesem Fall, dass mitten in der Mall einfach ein kleines Drumset aufgebaut wurde und die Band minimalistisch ihre Lieder performte und zum ebenfalls kostenlosen Konzert einlud. Die Akustik war schlecht, der Zweck aber meiner Meinung nach erfüllt. Die Leute blieben stehen, schauten, einige hörten sich auch das ganze Konzert an. Darunter waren neben jungen Menschen auch ältere Leute, die den Folk-Synthie-Pop auf Deutsch scheinbar mochten. 
Wir machten uns in der Pause auf, um ums umzuziehen und etwas essen zu gehen. Im herausragenden Biofresh aßen wir sehr lecker zu Abend und machten uns dann auf den Weg zum Konzert im Setup Venue. Der Veranstaltungsort ist schon eher groß, bei einem vollen Konzert passen bestimmt 500 Leute locker rein. Mit am Ende vielleicht fünfzig Besuchern sah es demnach etwas dürftig aus. Vermutlich hatten die wiederkehrenden Regengüsse auch einige potentielle Besucher veranlasst, das Haus nicht zu verlassen. Nichtsdestotrotz war die Stimmung gut, auch wenn die Technik nicht mitspielte. 
Aber vielleicht rettete gerade das das Konzert. Als die Technik streikte, entschied sich Mine mit ihren zwei Mitmusikern spontan, eine Akustik-Floorshow hinzulegen. Alle Anwesenden sammelten sich folglich vor der Bühne, wo die Dame stand und sang. Das tat sie gut und sympathisch und das Publikum war aus den Ecken und von den bequemen Sofas gelockt für den Rest der Show. Ich kann gar nicht sagen, welches mein Lieblingslied ist, aber es gibt schon einige sehr schöne, die live sehr viel besser als auf ihren Aufnahmen klingen. Mine ist meines Erachtens echt eine Konzert-Künstlerin.

Am Freitag machten wir noch eine kleine Kneipentour und damit war das Besuchsprogramm dann auch schon wieder beendet. Das heißt, ich bekam schon eineinhalb Tage nach Abreise des Deutschlandbesuchs erneut Besuch – zwei Kollegen aus anderen Städten Rumäniens wollten vor dem Zwischenseminar in Budapest bei mir übernachten, weil sie eine etwas längere Anreise hatten. Meine Besuchskapazitäten wurden damit bereits so richtig ausgetestet und ich muss sagen, es funktioniert gut. Die Couch im Wohnzimmer ist etwas wackelig, aber prinzipiell bequem, was man von der im Schlafzimmer nicht sagen kann. Durch einen zusätzlichen Schlüssel können meine Besucher das Haus verlassen, wann sie wollen, sie kommen nur nicht wieder rein, weil es nur der Wohnungsschlüssel, nicht aber der Hausschlüssel ist. Temeswar zu besuchen lohnt sich auf jeden Fall und man kann sich getrost eine Woche dort vertreiben, ohne, dass einem allzu langweilig wird.

Sonntag, 6. Oktober 2013

Ein Monat in der Fremde

Ich bin schon etwas länger als einen Monat hier, da ist es mal wieder Zeit für ein Zwischenbilanz. Im Moment kann ich nur sagen, dass ich mich richtig gut fühle, auch wenn ich manchmal Momente habe, in denen mich Rumänien annervt und ich große Sehnsucht nach den lieben Freunden in der Heimat habe.



Ich war inzwischen das erste Mal draußen in der Natur, in den Bergen unterwegs. Ich habe eine handvoll tolle Menschen kennengelernt, die ich auch recht regelmäßig treffe, weil sie überall da auftauchen, wo irgendwas mit deutscher Kultur passiert. Ich beginne, die Stadt zu erkunden und herauszufinden, wo es schöne Cafés, leckere Bäckereien und coole Kneipen gibt. Ich habe einen Menschen getroffen, mit dem ich viel Zeit verbringe, mit dem ich interessante Gespräche führen kann und der mir einen weiteren Grund liefert, es hier zu mögen.

Die Arbeit läuft momentan immer noch etwas auf Sparflamme, aber ich habe in der letzten Woche schon Kontakte zu potenziellen Partnern geknüpft und weiter an Ideen getüftelt. Ich habe außerdem noch ein paar kurze Beiträge gemacht und mich in der Redaktion etwas mehr eingelebt. Die Kollegen sind sehr nett zu mir und sind offen für meine Ideen. 



Die Stadt ist großartig, gerade an einem sonnigen Sonntag wie diesem. Ich sitze auf einer Terasa, eine Art Biergarten, um mich herum Familien mit Kindern. Das erste Herbstlaub weht mir auf die Tastatur, während ich bestimmt zwanzig Minuten auf meine Limo warte. Da wären wir dann bei den Sachen, die mich nerven: unsäglich langsamer Service – nicht immer und überall, aber doch zu oft – ist eine davon. Und Unflexibilität. Warum kann ich zum großen Frühstück nicht einfach einen Tee statt eines Latte Macchiato haben? Die Lautstärke und Dauerbeschallung immer und überall, die verrauchten Kneipen, es sind so kleine Sachen, die in der Kulturschockkrise manchmal dazu führen, dass man sich sagt: „Im Heimatland wäre das alles besser.“

Ich weiß aber, dass ich irgendwie hier und jetzt genau an diesen Ort gehöre. Es fühlt sich gut und richtig an. Und ich freue mich auf die weiteren Monate, auch wenn ich ein wenig Angst vorm Winter habe. Nicht nur wegen meines Fernwärmeanschlusses, auf dessen Funktion ich keinerlei Einfluss habe, sondern auch wegen des Winterblues, der mich in der Fremde ganz schön umhauen könnte. Aber wenn der kommen sollte, kenne ich bestimmt genug Läden, die leckere heiße Schokolade servieren und in denen ich mich mit einem Buch aus dem deutschen Kulturzentrum in einen gemütlichen Sessel kuscheln kann.

Donnerstag, 3. Oktober 2013

Tag der deutsch-rumänischen Freundschaft

Heisasa, das war ja mal eine seltsame Einheitsfeierei. Ich war zum ersten Mal in meinem Leben bei irgendwelchen Feierlichkeiten anlässlich des Tags der Deutschen Einheit und dann gleich in Rumänien. Aber von Anfang an... Letzte Woche flatterten in der Redaktion Einladungen zum Empfang des deutschen Konsuls in der Oper herein. Natürlich wollte ich mir das nicht entgehen lassen und als dann auch noch ein Kollege fragte, ob wir zusammen hingehen, zögerte ich nicht.

Es gab ungelogen vier verschiedene Personen mit Grußworten. Der Konsul irgendwie ungewollt komisch, wie eine Pappfigur auf die Bühne gestellt, auf die er sichtlich überhaupt nicht passt. Dann eine Deutsche, Abgeordnete des Bundestags - deren krasser Satz (nicht im Wortlaut): "Man muss die Deutschen da mal darauf hinweisen, dass es seit 60 Jahren keinen Krieg in Europa gab." [Was ja nocht nicht mal ganz korrekt ist.] wohl niemanden außer mir so richtig aufgefallen ist. Eine Abgeordnete des Bukarester Parlaments und ehemalige Honorarkonsulin von Indien (wie kommt man zu diesem Titel, kann man sich den kaufen?) ließ sich entschuldigen und ließ einen Vertreter Wirtschaftszahlen vortragen - Deutschland ist Rumäniens wichtigster Handelspartner  und Rumänien ja auch in Deutschland immerhin auf Platz 23 bei Ein- und 24 bei Ausfuhr oder umgekehrt. Wow, noch vor Benin und Kambodia. Nachdem schließlich auch noch ein letzter Parlamentarier der rumänischen Hauptstadt die deutsch-rumänische Freundschaft mit viel zu vielen Worten beschwor, ging es endlich weiter im Programm. Ich muss gestehen, ich habe noch nie so sehr auf ein Trachtentanzprogramm gewartet.

Die Jungs und Mädels der Tanzgruppe machten ihre Sache gut und auch wenn zeitweise der Saal in Rentnerklatschen verfiel, kippte die Stimmung nicht ganz in Richtung Herbstfest der Volksmusik. Ich fand es immernoch irgendwie passend, auch wenn die Zusammenstellung schon skurril war. Weiter ging es nämlich mit klassischer Oper - Nabucco. Obwohl ich wirklich kein Opernfan bin, gefiel es mir ganz gut. Es folgten mehrere kurze Stücke aus Opern, Balletten, musikalischen Komödien - eine bunte Revue des gesamten Repertoires des Hauses. Oder aller vier, wie man es nimmt - neben dem rumänischen Staatsschauspiel, ist auch das deutsche und ungarische sowie die Oper in dem Gebäude untergebracht. Wer jetzt konkret beteiligt war, kann ich beim besten Willen nicht sagen.

Bevor es daran ging, das Buffet zu plündern, gab der Starbarriton das Stück "If I were a rich man" auf Rumänisch zum Besten, was sowohl durch seinen schauspielerischen Charme als auch durch die Fröhlichkeit des Lieds an sich für lachende Gesichter sorgte. Noch einige weitere Bespaßungen folgten, darunter der, wie ich mir habe sagen lassen, unvermeidliche Cancan der Tänzerinnen des Hauses. Meines Erachtens driftete die Veranstaltung damit etwas ins Lächerliche ab, aber es ist wohl auch schwer, jedermanns Geschmack zu treffen.



Das Wichtigste am Abend war wohl eh das Gesehenwerden, das Socializing. Für mich unangenehm war nur, dass ich praktisch niemanden außer einer Hand voll Kollegen kannte und mich nicht besonders wohl fühlte in dieser Athmosphäre. Ich habe kein Problem mit Oper und schicker Kleidung, nur dieses Defilieren überfordert mich. Ich weiß nicht, wie ich mich korrekt vorstelle, wem ich die Hand schütteln muss, wem ich meinen Namen nennen muss, wie viele "Freut mich"s ich verstreuen muss. Meine Begleitung war leider auch nicht besonders geübt in offiziellen Anlässen, er kannte nur ein paar mehr Leute. Am Ende redete ich mit ein paar Leuten von der deutschen Sprachabteilung von der deutschen Schule und mit der Praktikantin vom Deutschen Kulturzentrum länger und ließ das Buffet größtenteils links liegen, weil mich Repräsentieren, Schickaussehen und dabei noch möglichst elegant möglichst viel Essen verdrücken eindeutig überforderten.

Der Abend an sich war eine an Absurdität grenzende Mischung der Extreme. Einen Bogen von klassisicher Oper zu Volkstanz der deutschen Minderheit und Musikalischer Komödie zu schlagen, gelang meiner Meinung nach nicht, weil es wohl auch unmöglich ist. Ob dass die Gäste störte, ist die andere Frage, ich glaube, es wird ein buntes Potpourri erwartet und somit auch geboten. Amüsant sind die Gäste in ihren Paradekleidern, die dann mit ihrem Smartphone das Programmheft beleuchten, sobald der letzte Takt des vorhergehenden Stückes verklungen ist und noch zwei Sekunden eher beginnen, miteinander zu tratschen. Die Dame, die Fotos macht, ohne die Tasten- und Auslösetöne ihrer Kamera auszustellen, das Smartphone, das mit einem smartphonetypischen "Klick" ein Bild aufnimmt, nachdem es von seinem Besitzer in die Höhe gereckt wurde. Wirklich keine Opernathmosphäre, aber die soll ja auch gar nicht erreicht werden. Die Leute sollen Spaß haben, netzwerken, sich kennenlernen und möglichst Geld im Land lassen. Denn besonders dafür inszeniert man gerade hier so aufwendig einen deutschen Feiertag - um die deutschen und ihre Investitionen zu verehren.

Die Kritik klingt niederschmetternd und deswegen muss ich noch anfügen, dass es so schlimm nun auch nicht war. Klar gab es Momente, da wäre ich gern unter meinem Stuhl verschwunden, aber insgesamt war es ein witziger Abend. Ein Gläschen Sekt am Eingang hätte mir vielleicht geholfen, mich auf das gebotene Niveau - und damit meine ich nicht das künstlerische, daran finde ich nichts auszusetzen, sondern eher die Zusammenstellung - einzulassen. Aber insgesamt war es, tja, eine Erfahrung. Mal sehen, ob ich nächstes Jahr noch da bin, um diese zu wiederholen. Denn ich habe munkeln hören, das Programm ist seit Jahren ungeändert...