Letzten Freitag ging es für einen kleinen Roadtrip an die Küste mit dem Besten aller Beifahrer, der es sogar schaffte, widerspenstige Scheibenwischer wieder an ihrem Platz zu fixieren. Wir starteten in Leipzig, beide unsere Studien kurz ruhen lassend und fuhren mit Karl, dem treuen Clio, die 400km gen Norden, begleitet von Regenschauern und trüben Wolken. Aber unsere Freundin in Rostock hatte uns versichert, dass es in Rostock schon Frühling sei, also waren wir guter Dinge - zumindest bis wir ankamen. Außerdem hatte sie uns auf eine unmögliche Parkplatzsituation hingewiesen und auch das bewahrheitete sich nicht, denn direkt vor der Haustür fand sich eine Clio-große Lücke wo Karlchen dann drei Tage blieb - so lang wie wir eben.
Nach ausgedehnte Umarmungen, Zimmerbegutachtung und Wiedersehensfreude gingen wir ganz lecker zum Inder essen - das
Jyoti überzeugte geschmacklich absolut und wir waren alle dick- und sattgefressen, als wir noch im "Warmbad" einen Cocktail zu uns nahmen. Noch dazu bekam ich mein Gericht auch ohne Probleme vegan - ich würde das mit dem Veganismus allerdings in den näcshten Tagen nicht durchziehen. Zu viele leckere Dinge, die gegessen werden musste. Die drei Caipirinhas in der Kneipe waren ziemlich alkoholhaltig, aber wie ich gerade mithilfe der guten alten
Wikipedia eroiert habe, demzufolge wohl auch richtig zubereitet, da normalerweise nur mit Cachaça und nicht noch mit Soda aufgefüllt wird. Ganz nebenbei hatten wir an dem Abend noch eine erste Gliederung für die Masterarbeit unserer Rostocker Studentin entworfen und ihr damit bei einem der drängendsten Probleme geholfen.
Wir begaben uns nach Hause und schliefen vortrefflich unter dem Poster der heimischen Grassorten. Insebsondere der "Rote Schwingel" wachte wohl über unsere Nachtruhe. Am nächsten Morgen ging es frühstücken ins "
A Rebours". Es war ein Fest - wir bestellten insgesamt vier Frühstücke inklusive Tee oder Kaffee und noch einmal Brötchen nach und zahlten dafür, was man in Regensburg locker für zwei Frühstücke ohne Getränke ausgeben kann. Das Essen war einfach nur lecker - über die Speckstreifen kann ich natürlich nichts sagen, hörte aber auch keine Kritik - und auch noch schön angerichtet.
Danach liefen wir zur Hochschule für Mundart und Trommelkunst, genauer für Musik und Theater, um diese zu besichtigen und uns das Hörstück unserer lieben Wahlrostockerin anzuhören. Darin ging es um das Zürcher Hora-Theater, das wir auch schon mal in Berlin erleben durften -
hier ist der Bericht. Ich muss sagen, obwohl ich anfangs auch aufgrund des Schwitzerdeutsch und des etwas verwirrenden Einstiegs ein paar Probleme hatte, hörte ich nach einigen Minuten gespannt zu. Ich hoffe, das Ganze wird ein voller Erfolg!
Nach der Hochschule stand Warnemünde auf dem Programm und damit auch endlich Ostsee.Wir wollten im Café des Hotel Neptun majestätisch Kuchen essen und an den Strand gehen. Aufgrund eines akuten Hungergefühls, denn wir hatten schon lange nichts mehr gegessen, mussten wir uns ziemlich schnell ins Panorama-Café des Hotelhochhauses begeben. Wir wurden zwar relativ schnell von einer Bedienung mit Kuchen versorgt, das benutzte Kaffeegedeck räumte allerdings niemand ab. Und ob wir selbst einen Kaffee wünschten, wurden wir auch nicht gefragt. Alles ein bisschen dürftig für ein 5-Sterne-Haus mit Garderobe und weißer Inneneinrichtung. Obwohl wir in Jeans kamen, zahlten wir ja doch auch die 5,45 Euro für die Marzipantorte - die noch nicht mal besonders gut war - also sollten wir wohl auch bedient werden. So gesehen blieb uns dann immerhin erspart, weitere 6 Euro in Kaffee oder Tee zu investieren, denn als die Bedienung nach Getränkewünschen fragte, als wir schon einen beträchtlichen Teil unseres Kuchens verköstigt hatten, lehnten wir ab. Immerhin, fairerweise muss ich zugeben, dass wir, vermutlich aus Reaktion auf unseren ersichtlichen Unmut, einen Rabatt bekamen. Dennoch, ein mir etwas unverständlicher Umgang mit Kunden für ein solches Café, da kann der Ausblick noch so toll sein.
Anshchließend wollten wir nach Hohe Düne zur Robbenstation. Vorher mussten wir uns allerdings noch einmal stärken - es gab Langos für mich und Fischbrötchen für den Rest, direkt am Alten Strom. Wir suchten dann ewig mit dem Auto nach der Zufahrt zur Fähre und als wir sie dann fanden, setzten wir in gefühlten 30 Sekunden über. Wir parkten in einem Wohngebiet und begaben uns an den Strand - vorbei an der Mole und einer gespenstisch anmutenden Hotel- und Restaurantmeile. Kein Mensch weit und breit, die Läden sahen irgendwie schick aus, wenn auch meines Erachtens auf eine etwas billige Art, der Yachthafen relativ ausgestorben. Auch an der Robbenstation, zu der wir vorher noch gingen, sonnten sich nur zwei oder drei faule Tiere auf Pontons, die Anlage an sich war aber geschlossen. Von den Strandkörben am Meer war keiner belegt, nur eine Familie versuchte sich beim Drachensteigen, sonst war nichts los.
Wir fuhren wieder nach Hause und hielten noch beim Edeka, wo wir uns für ein reichhaltiges Abendbrot versorgten. Hummus war zwar nicht zu bekommen, dafür aber Oliven, Weinblätter und Scamorza. Zum Nachtisch holten wir noch Cantuccini und Schokoeiscreme. Zunächst war uns aber erstmal nicht nach Essen zumute und so schauten wir eine Folge "Girls" und quatschten, kreuz und quer auf der Couch liegend. Schließlich begannen wir den Film "Zug des Lebens" zu schauen und bekamen auch langsam wieder Hunger. Dass wir nicht mehr zu der Party der Mitstudenten unserer Freundin gehen würden, zeichnete sich so langsam ab. Zu gemütlich war die Couch und als dann auch noch das Essen wie bei einem Picknick in unserer Mitte ausgebreitet war, war eigentlich alles perfekt. Gekrönt wurde das ganze nur noch durch die Cantuccini mit Schokoeis.
Eigentlich hatten wir dem netten Kellner im "Gegen den Strich" (A Rebours) versprochen, wiederzukommen, aber dann gingen wir der Einfachheit halber am nächsten Tag doch ins
Café Central. Dieses lag einfach näher. Der Clou an diesem Lokal: Man erhält zur Bestellung einfach einen kleinen Zettel zum Anreuzen und kann sich so seine Auswahl aus Brötchen, Aufstrichen, Beilagen und Getränken selbst zusammenstellen - also in meinem Fall dann auch vegan kein Problem. Wir schwärmten alle drei von dem selbstgemachten Apfelgelee und auch der Rest war sehr lecker.
Unsere Mundartkünstlerin und Trommlerin musste sich für die Probe ihrer Aufführung am Abend - der Hauptgrund unseres Kommens, also die Aufführung, nicht die Probe, zum Veranstaltungsort begeben, wir beschlossen, ans Meer zu fahren. In Warnemünde nahmen wir uns einen Strandkorb, kauften uns ein riesiges Eis und ließen es uns gut gehen. Die drei Stunden verflogen, während wir nicht viel mehr taten als herumsitzen und unsere Nasen bräunen oder in meinem Fall röten. In der Sonne war es schön warm, dennoch verstand ich die übereifrigen Sonnenbader nicht, die bei Temperaturen von höchstens 14 Grad in der Badehose oder im Unterhemd im Strandkorb saßen.
Und am Abend dann das krönenden Finale - die Aufführung. Ein faustisches Eroticum wurde uns präsentiert von den Rostocker Theaterpädagogikstudenten. Mit soviel Action, Energie, Witz und Charme, wie ich Faust noch nicht kennenlernen durfte. Die sächselnden Handpuppen ins Auerbachs Keller, die tratschenden Nachbarinnen Gretchens beim Frisör, Mephisto als hyperaktiver verschmitzter Halunke und eines der fünf Gretchen mit Migrationshintergrund. Ich stehe modernen Inszenierungen skeptisch gegenüber und wenn ich das so lese, was ich gerade geschrieben habe, hätte es schnell ins Lächerliche abdriften können - tat es aber nicht. Es gab ungeheuer starke Szenen, nicht zuletzt aufgrund des charismatischen Teufels, einem soliden Faust und einem exzellenten Gretchen in der Schlussphase. Und dennoch, es war extrem kurzweilig, so dass man sich am Ende fragte, ob tatsächlich gerade all das, was man in der Schule wochenlang durchgekaut hatte, abgehandelt worden war. Das waren doch nur ein paar Minuten gewesen, oder? Danach gab es die Premierenfeier, ein paar Bier, ein wenig Tanz, eine aufgedrehte Meute, nette Menschen und die Erkenntnis: Es war so gut, zu kommen.