In Bukarest ist es verdammt heiß und auch wenn es dunkel wird - recht früh so gegen halb neun, glaube ich - bleibt es drückend heiß. So eine Stadt kühlt eben über Nacht nicht ab, das merkt man. Das hat aber auch etwas Gutes - kein lästiges Jäckchen-Mitschleppen zum Weggehen. Gestern wollte ich mit den anderen vom Sprachkurs tanzen gehen. Wir trafen uns um zehn an der Uni, warteten noch eine halbe Stunde auf Nachzügler und setzten uns im Centrul Vechi (Altes Stadtzentrum) in eine Bar, bzw. deren Freisitz zur Fußgängerzone. Es wurde mal wieder abenteuerliches Rumänisch gesprochen, was uns im Allgemeinen hier als Lingua Franca dient und es war echt witzig. Nach einem Ciuc Nefiltrat [ungefiltert], ging es weiter, das heißt, dazwischen warteten wir natürlich wieder ewig auf irgendjemanden, aber dann gingen wir noch in einen Club, wo Indie-Rock gespielt wurde. Ich war ewig nicht mehr zu solcher Musik tanzen, aber es war richtig richtig gut, wenn auch für meinen Geschmack ein bisschen zu viele Oldschool-Klassiker drunter gemischt wurden. Nach einem weiteren Bier und einem Wodka-Apfel machte ich mich gegen halb drei allein auf den Heimweg. Ich hatte keine Ahnung, wie die Nachtbusse fahren würden und wollte ohnehin laufen. Schon auf der Tanzfläche hatte ich die ganze Zeit ein breites Grinsen auf dem Gesicht gehabt. Ich hatte auch auf dem Nachhauseweg noch richt gute Laune. Ich dachte gerade darüber nach, was ich so in nächster Zeit in meinem Leben anstellen würde, da sah ich die alte, offensichtlich geistig verwirrte Frau, die ich am Tag schon zweimal gesehen hatte, auf dem Mauerabsatz vor einem Schaufenster liegen und schlafen. Es wird ihr nicht schaden, ich denke selbst gegen Morgen sinkt die Temperatur nicht unter 25°C, aber dieses Bild katapultierte mich zurück in die Realität. Müde lief ich weiter nach Hause, nicht völlig deprimiert, aber etwas nüchterner. Als ich fast stolperte, hörte ich einen Mann fragen, ob er mir helfen kann, aber ich trottete stumm weiter. Die Menschen, die mir entgegenkamen, kamen mir jetzt seltsamer vor.
Arme Menschen, Obdachlose und Roma gehören zum Straßenbild in Bukarest dazu, eigentlich auch in der ganzen Innenstadt. Irgendwie ist das auch gut, denn es erinnert einen, wo man ist und wie die Verhältnisse hier sind. Ich habe bereits zwei sehr junge nackte Romamädchen auf irgendwelchen dreckigen Treppenstufen gesehen, heute Mittag eine alte Frau, die auf dem Gehweg lag und aussah, als würde sie sehr bald sterben. Ich fühle mich ohnmächtig, wenn ich das sehe. Aber das ist eben hier die Realität und so traurig es ist: Es ist unmöglich, all diesen Menschen zu helfen.
Heute morgen war ich relativ früh wach, denn ich wollte zum Flohmarkt. Ich habe schließlich fast zwei Stunden gebraucht, bis ich da war. Zunächst mit der Metro, dann den Bus nicht gefunden, deswegen doch noch ein Stück Metro, dann die Anschlussmetro kaputt und auf die nächste warten, dann noch ein gutes Stück hinlaufen. Es hat sich trotzdem gelohnt.
Ich habe tatsächlich ein Ladekabel für mein uraltes Samsunghandy gefunden (das alte ist in Istanbul geblieben, vermutlich), eine Handtasche und ein paar Schuhe. Der Flohmarkt war bei Weitem nicht so schön, wie der in Cluj. Er war sehr ramschig, aber ich war auch sehr spät dran. Ich wurde beim Kauf des Ladekabels (für das ich zuviel bezahlt habe mit 12 Lei, aber dass ich immerhin von 20 runtergehandelt habe), für eine Moldauerin gehalten, das fand ich amüsant.
In der brütenden Hite machte ich mich schließlich zurück auf den Weg ins Appartment, um meine Schätze wegzubringen und um ins Nationale Historische Museum zu starten. Das wird - wie in Cluj auch - natürlich gerade renoviert und die Sonderausstellungen mochte ich mir nicht anschauen. Kurzerhand beschloss ich dann, stattdessen das Nationale Bauernmuseum zu besuchen, von dem meine Rumänischdozentin immer so geschwärmt hat. Es hat sich tatsächlich gelohnt, das Museum ist sehr schön aufgearbeitet, aber ich war sehr schnell gelangweilt und finde diese ganze Betonung der nationalen bäuerlichen Kultur in Rumänien sowieso übertrieben. Ich bin sehr schnell durchgelaufen, habe es aber nicht bereut. Fotos durfte man im Übrigen keine machen. Es waren genausoviele Museumswärterinnen wie Besucher anwesend, die diese dann mit Argusaugen beobachtet und Fotos verhindert haben.
Die Treppe im Foyer des Bauernmuseums |
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