Politik in Europas Südosten
Piata Unirii, Bucuresti, 23.15 Ortszeit |
Im Stadtbild von Bukarest fallen überall Läden und Werbungen für Sportwetten auf. Scheinbar lassen viele Rumänen realtiv viel Geld in Wettbüros. Ob man auch auf das Referendum um die Absetzung Traian Basescus als Präsidenten Rumäniens wetten konnte, ist mir unbekannt. Aber es wird knapp und somit hätte sich das wohl für die Wettbüros gelohnt, denn für die Rumänen, mit denen ich so sprach, war das Ergebnis nicht vorhersehbar. Beziehungsweise wussten sie nicht so genau, welche Seite mit Manipulationen und Betrügereien mehr erreichen würde.
Pe scurt [in Kürze]: In Rumänien gab es einen politischen Wandel, nachdem eine Koaltionspartei die Seiten gewechselt hatte und sich mit der Opposition zusammenschloss. Die Regierung wurde ausgetauscht und Ponta wurde Premierminister. Dieser versuchte in relativ kurzer Zeit relativ viel Macht für seine Partei zu gewinnen, und tauschte auf allen wichtigen Posten die Beamten gegen Leute seiner Parteilinie aus. Der letzte Schritt war die Absetzung des Präsidenten. Die Absetzung ging durch das Parlament, damit sie rechtskräftig ist, müssen sich aber auch die Mehrheit der Rumänen in einem Referendum dafür aussprechen, dessen Mindestbeteiligung bei 50% der Wähler liegt. {Sueddeutsche.de: Link}
Im Straßenbild von Bukarest dominieren seit Beginn meines Aufenthaltes Plakate mit "Români, hai la referendum! Basescu, hai, la revedere!" [Rumänen, auf zum Referendum! Basescu, geh, auf Wiedersehen!] und ähnlichem, nur hier und da ist ein "NU stinge flacara democratiei!" [NICHT die Flamme der Demokratie auslöschen!] zu sehen. Die Absetzung ist nämlich, aufgrund Pontas Marsch durch die Institutionen, sehr umstritten und würde Rumänien, aus weltpolitischer Sicht, im Moment wohl eher schaden, da es somit an Glaubwürdigkeit und Kontinuität verliert.
Wie die Wähler nun entschieden haben, ist unklar. Höchst wahrscheinlich wird das Quorum nicht erreicht, weil bis 21 Uhr (die Wahllokale hatten aufgrund der Sommerferien von 7 bis 23 Uhr geöffnet) nur ca. 44% der Wähler zur Wahl gingen {Agerpress.ro: Link 2 - engl.}. Allerdings ist es auch gut möglich, dass noch Stimmen "gefunden" werden und das Quorum noch geschafft wird. Auf dem Universitätsplatz (der auch einer der Hauptschauplätze der Revolution im Dezember 1989 ist), skandierte eine kleine Menschenmenge "Jos Basescu!" [Nieder mit Basescu] und schwenkte rumänische Fahnen. Einige davon mit Loch in der Mitte. Ob die Demonstranten nur kommunistische Fahnen mit dem entsprechenden Emblem zu Hause hatten und dieses lieber ausschnitten, bevor sie das Haus verließen, ist fraglich, wahrscheinlicher ist, dass dies eine Anspielung auf die Revolution '89 sein sollte, als eben solche Fahnen geschwenkt wurden, damals wurde eben symbolhaft das kommunistisch Emblem aus der Mitte entfernt. Wenn das Quorum erreicht wurde, was viele zu glauben scheinen, wird Basescu ganz klar gehen müssen, soviel steht fest, denn die, die zur Wahl gingen, stimmten für seinen Rücktritt. Auf der Straße hörte ich Wortfetzen wie "e fraudat" [es ist gefälscht] und "eu personal am vazut cu ochii mei" [ich selbst habe es mit eigenen Augen gesehen]. Die Menschen in der Unterführung am Universitätsplatz versammelten sich in einem Café, um im Fernsehen die aktuellen Meldungen zu sehen, als ob Rumänien in der Europameisterschaft Fußball spielte. Die Jandarmerie ist um den Platz so präsent, als ob serbische Hooligans zu eben diesem Spiel unterwegs wären und es in der Uniturnhalle stattfände. Bis morgen früh wird man jedoch kaum etwas genaues wissen. {Hotnews.ro: Link 3 - rum.}Nach allem, was ich gehört habe, hoffe ich, dass Basescu vorerst bleiben kann, denn diese Kampagne, die hier gegen ihn gestartet wurde, scheint nicht mit rechten Dingen zuzugehen.
Ich bin nicht die einzige, die neugierig auf das Ergebnis ist. |