Der erste Schnee ist gefallen und hat
den Ausblick aus dem achten Stock noch ein wenig reizvoller gemacht,
zumindest für einen halben Tag. Alles weißgepudert so weit das Auge
reichte.
Ich fand es toll, durch den Schnee zu
stapfen, denn wie ich finde, muss man dafür nur warm genug angezogen
sein, schon ist es weitaus weniger unangenehm als zum Beispiel
regnerisches Wetter. Leider hielt der Schnee wirklich nicht lange und
es war auch kaum genug, als dass es richtige Schneewehen und
dergleichen gegeben hätte.
In Temeswar wird am Sonntag, am
rumänischen Nationalfeiertag und zugleich erstem Advent, der
Weihnachtsmarkt eröffnet. Als ich heute mit dem Taxi zum Bahnhof
fuhr, sah ich schon die ersten Buden auf dem Opernplatz, die dann
wohl ab Sonntag ihren Betrieb aufnehmen. Ich bin neugierig, was es
gibt, muss mich aber gedulden – zunächst steht ein Kurzbesuch
zuhause, ein noch kürzerer Aufenthalt in München und ein
Journalistenaustauschprogramm in Bonn auf dem Programm. Deswegen
werden es wohl eher deutsche Weihnachtsmärkte sein, denen ich
spontan einen Besuch abstatte, als rumänische, die gern europäische
wären.
Apropos, die gern europäische wären.
Für mich hätte es wohl durchaus Charme, ein buntes Gemisch aus
improvisierten Holzbuden, dazwischen kitschige Beleuchtung, die in
allen Farben strahlt und blinkt, eine ganze Menge Wurststände mit
soviel toten Schweinen, wie wohl alle McDonalds-Lokale in ganz
Rumänien zusammen nicht verkaufen und dazu natürlich pappsüßer
Glühwein. Kürtöskalacs, die Striezelkuchen und Langos stelle ich
mir dazu noch vor, vielleicht gibt es ja auch Schokoäpfel und
gebrannte Mandeln? In meiner romantisierten Vorstellung sitzt in
jedem Bretterverschlag eine Oma oder ein Opa und das tote Schwein,
dass als Wurst über ihren Köpfen hängt, hatte einen Namen.
Ich bin wirklich gespannt, wie also
Weihnachtsmarkt auf Balkanisch wohl aussehen mag. Und dabei begehe
ich zwei Fehler – Temeswar ist nicht Balkan. Temeswar ist fast noch
stärker Mitteleuropa als es Cluj war, so wenigstens mein Eindruck.
Und einen balkanischen Weihnachtsmarkt gibt es nicht – die
Weihnachtsmärkte in Rumänien sind Imitationen der Märkte in Köln,
Dresden, Nürnberg oder Wien. In der Zeitung habe ich gelesen, man
hat neue Buden für die Stände gekauft, über zwanzig Stück. Damit
der Weihnachtsmarkt ein einheitlich-ästhetisches äußeres
Erscheinungsbild erhält – wie in Westeuropa eben, begründete die
Stadtverwaltung. Die Südosteuropaverliebte senkt an dieser Stelle
enttäuscht den Kopf – wenn jede Innenstadt, jede Shoppingmall und
jeder Weihnachtsmarkt am Ende gleich aussieht, warum dann überhaupt
noch reisen?
Wie sich der Weihnachtsmarkt am Ende
tatsächlich anfühlt, berichte ich ab Mitte Dezember, so lange müsst
ihr euch gedulden, weil ich mich – zum Teil ganz schön unwillig –
in der deutschen vorweihnachtlichen Konsumlandschaft tummele.