Um für meine
Masterarbeit zu recherchieren musste ich unbedingt ein paar Tage nach Freiburg. Dort
befindet sich die Rumänische Bibliothek, die bereits 1949 von
Rumänien, die sich in Deutschland im Exil befanden, gegründet
wurde. Unter anderem gehören zum Bestand neben zahlreichen Büchern
unzählige Zeitungen und Informationsblätter, die von Exilrumänen
herausgegeben wurden Ich beschäftige mich in meiner Masterarbeit mit
dem rumänischen Exil und so war das also unumgänglich.
In die Bibliothek zu kommen war
zunächst nicht so einfach. Ich wollte es eigentlich noch im August
erledigen, aber als ich Mitte Juli in der Bibliothek anrief, wusste
die Dame am Telefon nicht, ob im August offen wäre. Ich sollte
wieder anrufen. Das versuchte ich dann auch und als ich schließlich
jemanden erreichte, meinte die gleiche Frau, sie sei nur zufällig da
und ja, es wäre geschlossen. Ob denn im September offen sei?
Wahrscheinlich in der ersten Septemberwoche noch nicht, aber in der
zweiten bestimmt. Ich solle am Besten einfach vorbeikommen. Ich weiß
nicht, wie oft ich ihr erklärte, dass es aus Regensburg nicht gerade
nah war und ich das schon ein bisschen planen musste. Dann solle ich
besser noch mal anrufen. Mein Problem war nur, dass die Bibliothek
lediglich montags bis donnerstags von elf bis dreizehn Uhr geöffnet
hatte und ich somit nicht erst Montagmorgen anrufen wollte, um zu
erfahren, ob vielleicht offen sei, dann in den Zug zu steigen und
Dienstag beginnen zu können, zu arbeiten. Ich rief also eine Woche
vor meiner Ankunft an. Ja, man habe prinzipiell geöffnet, die
Sekretärin sei aber jetzt nicht da, also wenn ich sicher sein
wollte... Als ich ihr zum fünften Mal erklärte, dass ich aus
Regensburg käme, meinte sie schließlich, dass bestimmt geöffnet
sei, aber man habe halt wenig Personal und sie würde der Sekretärin
einen Zettel hinlegen, dass ich Montag da wäre.
Also auf nach Freiburg. Sonntagabend
fuhr ich mit einer Mitfahrgelegenheit hin, traf den
Couchsurfer, der mich beherbergen würde und ging mit diesem und
seinem Bruder noch einen Cocktail trinken. Am nächsten Morgen
klappte alles sehr gut. Ich fand die Bibliothek, auch mithilfe meines
Navi-Handys, sofort, kaufte mir vorher noch ein Frühstück beim
Bäcker und war dann ein paar Minuten zu früh in der Straße
unterwegs. Ich sah jemanden zum Eingang der Bibliothek gehen, aber
als mir auf mein erstes überpünktliches Klingeln niemand öffnete,
drückte ich mich noch ein bisschen herum und aß den Rest von meinem
Bäckerfrühstück, dann versuchte ich es noch einmal und die schwere
Pforte des Altbaus öffnete sich mit einem Summen. Eine alte Dame
stand in der Tür der Wohnung, die die Bibliothek beherbergte. Mit
Strickjacke und Schal, sowie einem hölzernen Gehstock lehnte sie
halb im Türrahmen. Ich folgte ihr in die Bibliothek, die so war, wie
man sich eine alte Bibliothek ausmalt – Regale bis zur Decke,
dunkel, kühl und ein wenig unordentlich. Ich sollte die Jacke besser
anbehalten, meinte die Frau und damit hatte sie sogar recht, es war
ziemlich kühl. Doch ich war im Regen ein wenig nass geworden und so
zog ich sie doch lieber aus. Die Dame zeigte mir den Raum mit den
Exilzeitungen und -zeitschrifen – wiederum bis an die Decke hoch
Regale mit Pappordnern, in denen Titel wie „Exilul Romînesc“
oder „Patria“ steckten. Genau das, was ich suchte. Ich begann mir
die erste vorzunehmen, während mit die Dame, die offenbar die
Bibliothek leitete, eine Liste der wichtigsten in Deutschland
erschienen Publikationen machte. Ein Traum eines jeden
Wissenschaftlers. Mir wurde ein Nebenraum angewiesen. Auch er hatte
wiederum Regale bis zur Decke, außerdem waren da ein alter
Bibliothekskatalog mit Holzschubern sowie ein Tisch, der vollgestellt
war mit Büchern. Daneben standen unzählige Bananenkisten mit
Büchern, die wohl noch auf ihren Platz im Regal warteten. Auch in
diesem Raum war es kühl und dunkel. Die Rollos waren überall leicht
heruntergelassen und ich traute mich nicht, etwas zu ändern. Ich
hätte womöglich etwas kaputt gemacht oder ein fragiles
Gleichgewicht gestört.
Ich ging also meiner Arbeit nach und
fotografierte wie wild ganze Jahrgänge, damit ich zu Hause dann
damit arbeiten können würde. Das ging vier Tage dann so. Manchmal
durfte ich länger bleiben, so lange noch jemand da war, und ab dem
zweiten Tag durfte ich auch einen Packen Zeitschriften mitnehmen. Ich
las, überflog, fotografierte und in den anderen Räumen waren oft
Gespräche, Telefonate oder das beständige Geräusch von
Schreibmaschinentastaturen zu hören. Es war sicher keine
Computertastatur, eine Schreibmaschine hört sich anders an. Ich
fühlte mich etwas zeitlos in dieser Altbauvilla beim Durchsuchen
alter Exilblätter. Wie lange mochte die alte Dame sich schon in der
kühlen Dunkelheit aufhalten, jeden Tag für ein paar Stunden? War
die Bibliothek möglicherweise ihr Lebenswerk?
Meine Freizeit in Freiburg verbrachte
ich ein wenig mit herumlaufen und mir etwas zu essen suchen, aber vor
allem mit meinem Gastgeber. Er bot mir nicht nur seine super-bequeme
Klappcouch sondern auch sein Fahrrad an und an zwei Abenden fuhren
wir zu Spieleabenden, wo ich eine Menge neuer Spiele kennenlernte. Er
war begeisterter Spielefan und ich fand es schön, mal wieder ein
Brettspiel zu spielen. Ab dem zweiten Tag fühlte ich mich schon fast
ein wenig wie Inventar in seinem Zimmer, so problemlos war der
Aufenthalt da. Schließlich reiste ich mit dem Zug wieder ab, in der
Tasche zwei SD-Karten mit Fotos von den Archivdokumenten und der
Idee, mir mal wieder ein Brettspiel zu kaufen.
Este sambata dimineata, sunt singura, sunt intotdeauna singura in ultimul an, locuiesc in cel mai sudic punct din Germania, la granita cu Basel, si imi doresc de multi ani sa intru in cea mai veche biblioteca romaneasca din afara Romaniei.
AntwortenLöschenCaut in internet si gasesc acest blog.
Respect, frumos scris, dar asa de trist...cu sentimentul ca o sa dispara acest loc, ca doamna va ceda, de varsta si de frig. Banuiesc ca dupa munca zilnica nu exista nici o sansa sa fie cineva acolo, ar trebui sa ma sui in tren pentru 60 min dupa ora 17 si sa ajung acolo tarziu, sau sambata sau duminica...
Pare o idee ce trebuie uitata.
Multumesc,
Mihaela Wirth mihaelawirth@gmail.com