Donnerstag, 11. Oktober 2012

Rumänien in Freiburg

Um für meine Masterarbeit zu recherchieren musste ich unbedingt ein paar Tage nach Freiburg. Dort befindet sich die Rumänische Bibliothek, die bereits 1949 von Rumänien, die sich in Deutschland im Exil befanden, gegründet wurde. Unter anderem gehören zum Bestand neben zahlreichen Büchern unzählige Zeitungen und Informationsblätter, die von Exilrumänen herausgegeben wurden Ich beschäftige mich in meiner Masterarbeit mit dem rumänischen Exil und so war das also unumgänglich.

In die Bibliothek zu kommen war zunächst nicht so einfach. Ich wollte es eigentlich noch im August erledigen, aber als ich Mitte Juli in der Bibliothek anrief, wusste die Dame am Telefon nicht, ob im August offen wäre. Ich sollte wieder anrufen. Das versuchte ich dann auch und als ich schließlich jemanden erreichte, meinte die gleiche Frau, sie sei nur zufällig da und ja, es wäre geschlossen. Ob denn im September offen sei? Wahrscheinlich in der ersten Septemberwoche noch nicht, aber in der zweiten bestimmt. Ich solle am Besten einfach vorbeikommen. Ich weiß nicht, wie oft ich ihr erklärte, dass es aus Regensburg nicht gerade nah war und ich das schon ein bisschen planen musste. Dann solle ich besser noch mal anrufen. Mein Problem war nur, dass die Bibliothek lediglich montags bis donnerstags von elf bis dreizehn Uhr geöffnet hatte und ich somit nicht erst Montagmorgen anrufen wollte, um zu erfahren, ob vielleicht offen sei, dann in den Zug zu steigen und Dienstag beginnen zu können, zu arbeiten. Ich rief also eine Woche vor meiner Ankunft an. Ja, man habe prinzipiell geöffnet, die Sekretärin sei aber jetzt nicht da, also wenn ich sicher sein wollte... Als ich ihr zum fünften Mal erklärte, dass ich aus Regensburg käme, meinte sie schließlich, dass bestimmt geöffnet sei, aber man habe halt wenig Personal und sie würde der Sekretärin einen Zettel hinlegen, dass ich Montag da wäre. 



Also auf nach Freiburg. Sonntagabend fuhr ich mit einer Mitfahrgelegenheit hin, traf den Couchsurfer, der mich beherbergen würde und ging mit diesem und seinem Bruder noch einen Cocktail trinken. Am nächsten Morgen klappte alles sehr gut. Ich fand die Bibliothek, auch mithilfe meines Navi-Handys, sofort, kaufte mir vorher noch ein Frühstück beim Bäcker und war dann ein paar Minuten zu früh in der Straße unterwegs. Ich sah jemanden zum Eingang der Bibliothek gehen, aber als mir auf mein erstes überpünktliches Klingeln niemand öffnete, drückte ich mich noch ein bisschen herum und aß den Rest von meinem Bäckerfrühstück, dann versuchte ich es noch einmal und die schwere Pforte des Altbaus öffnete sich mit einem Summen. Eine alte Dame stand in der Tür der Wohnung, die die Bibliothek beherbergte. Mit Strickjacke und Schal, sowie einem hölzernen Gehstock lehnte sie halb im Türrahmen. Ich folgte ihr in die Bibliothek, die so war, wie man sich eine alte Bibliothek ausmalt – Regale bis zur Decke, dunkel, kühl und ein wenig unordentlich. Ich sollte die Jacke besser anbehalten, meinte die Frau und damit hatte sie sogar recht, es war ziemlich kühl. Doch ich war im Regen ein wenig nass geworden und so zog ich sie doch lieber aus. Die Dame zeigte mir den Raum mit den Exilzeitungen und -zeitschrifen – wiederum bis an die Decke hoch Regale mit Pappordnern, in denen Titel wie „Exilul Romînesc“ oder „Patria“ steckten. Genau das, was ich suchte. Ich begann mir die erste vorzunehmen, während mit die Dame, die offenbar die Bibliothek leitete, eine Liste der wichtigsten in Deutschland erschienen Publikationen machte. Ein Traum eines jeden Wissenschaftlers. Mir wurde ein Nebenraum angewiesen. Auch er hatte wiederum Regale bis zur Decke, außerdem waren da ein alter Bibliothekskatalog mit Holzschubern sowie ein Tisch, der vollgestellt war mit Büchern. Daneben standen unzählige Bananenkisten mit Büchern, die wohl noch auf ihren Platz im Regal warteten. Auch in diesem Raum war es kühl und dunkel. Die Rollos waren überall leicht heruntergelassen und ich traute mich nicht, etwas zu ändern. Ich hätte womöglich etwas kaputt gemacht oder ein fragiles Gleichgewicht gestört.
Ich ging also meiner Arbeit nach und fotografierte wie wild ganze Jahrgänge, damit ich zu Hause dann damit arbeiten können würde. Das ging vier Tage dann so. Manchmal durfte ich länger bleiben, so lange noch jemand da war, und ab dem zweiten Tag durfte ich auch einen Packen Zeitschriften mitnehmen. Ich las, überflog, fotografierte und in den anderen Räumen waren oft Gespräche, Telefonate oder das beständige Geräusch von Schreibmaschinentastaturen zu hören. Es war sicher keine Computertastatur, eine Schreibmaschine hört sich anders an. Ich fühlte mich etwas zeitlos in dieser Altbauvilla beim Durchsuchen alter Exilblätter. Wie lange mochte die alte Dame sich schon in der kühlen Dunkelheit aufhalten, jeden Tag für ein paar Stunden? War die Bibliothek möglicherweise ihr Lebenswerk?



Meine Freizeit in Freiburg verbrachte ich ein wenig mit herumlaufen und mir etwas zu essen suchen, aber vor allem mit meinem Gastgeber. Er bot mir nicht nur seine super-bequeme Klappcouch sondern auch sein Fahrrad an und an zwei Abenden fuhren wir zu Spieleabenden, wo ich eine Menge neuer Spiele kennenlernte. Er war begeisterter Spielefan und ich fand es schön, mal wieder ein Brettspiel zu spielen. Ab dem zweiten Tag fühlte ich mich schon fast ein wenig wie Inventar in seinem Zimmer, so problemlos war der Aufenthalt da. Schließlich reiste ich mit dem Zug wieder ab, in der Tasche zwei SD-Karten mit Fotos von den Archivdokumenten und der Idee, mir mal wieder ein Brettspiel zu kaufen.

1 Kommentar:

  1. Este sambata dimineata, sunt singura, sunt intotdeauna singura in ultimul an, locuiesc in cel mai sudic punct din Germania, la granita cu Basel, si imi doresc de multi ani sa intru in cea mai veche biblioteca romaneasca din afara Romaniei.
    Caut in internet si gasesc acest blog.
    Respect, frumos scris, dar asa de trist...cu sentimentul ca o sa dispara acest loc, ca doamna va ceda, de varsta si de frig. Banuiesc ca dupa munca zilnica nu exista nici o sansa sa fie cineva acolo, ar trebui sa ma sui in tren pentru 60 min dupa ora 17 si sa ajung acolo tarziu, sau sambata sau duminica...
    Pare o idee ce trebuie uitata.
    Multumesc,
    Mihaela Wirth mihaelawirth@gmail.com

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